Stellungnahme zu den Anträgen zum Thema Cannabis als Medizin im Rahmen der Anhörung des Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages

Einzelsachverständiger Maximilian Plenert (Akzept e.V.) sowie Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin

Stellungnahme

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ BT-Drucksache 18/8965 sowie

Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten“ BT-Drucksache 18/6361

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

zu den Anträgen zum Thema Cannabis als Medizin im Rahmen der Anhörung des Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am 21. September 2016 nehme ich und das Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin hiermit gerne Stellung. Weiterlesen

Cannabis und Psychosen – Diagnose: DrogenPOLITIKmissbrauch

Drogenpolitik: Süchtig nach Verboten?
Drogenpolitik: Süchtig nach Verboten?

von Maximilian Plenert

Zuerst erschienen im Hanfjournal, Sonntag, 25. Oktober 2015

In keiner Debatte um die Legalisierung von Cannabis fehlt das Argument der Prohibitionisten: „Aber kiffen macht Psychosen!“. Das ist zuallererst eine brutale Verkürzung, denn der Zusammenhang zwischen Psychosen und Cannabis ist überaus komplex. Ursache und Wirkung sind hier nur schwerlich auseinander zu halten. Viele Studien hierzu können alleine aufgrund ihres Aufbaus Korrelationen belegen, aber eben keinerlei kausale Zusammenhänge. Leider werden dann gerade in der Medienberichterstattung diese Einschränkungen nicht erwähnt, in der politischen Debatte erst recht nicht. Andere Studien deuten auf eine gemeinsame genetische Basis hin: Wer eine Veranlagung zu Schizophrenie hat, nimm auch eher Cannabis. Soweit ich die Studienlage überblicke gibt es einen gewissen Einfluss von Cannabis auf Psychosen und das Verhältnis von THC- und CBD-Gehalt spielt hier vermutlich eine Rolle. Aktuell kam zudem eine Studie heraus, die auch Tabak mit Psychosen in Verbindung gebracht hat. Wenn sich dieser Zusammenhang bestätigt, wird man auch einige Cannabisstudien hierzu neu bewerten müssen. Weiterlesen

Cannabisagentur im Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017

Die Cannabisagentur ist im Haushalt eingeplant
Die Cannabisagentur ist im Haushalt eingeplant

Das kommende Gesetz zu Cannabis als Medizin sieht die Gründung einer Cannabisagentur. Der Antrag ist noch im parlamentarischen Verfahren. Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2017 wird das Gesetz als beschlossen angesehen.

Im Haushalt für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind unter dem Haushalttitel 129 02 – 314 Einnahmen aus der Cannabis-Agentur erwähnt. Ein Betrag fehlt mit dem Hinweis:

Mehreinnahmen sind wegen § 19 Abs. 2a Betäubungsmittelgesetz zweckgebunden. Sie dienen nur zur Leistung der Mehrausgaben bei folgenden Titeln: Tgr. 03.

Den §19 Abs. 2a BtMG gibt es heute noch nicht und er soll mit dem Cannabisgesetz beschlossen werden.

Im Stellenplan sind folgende neuen Personalstellen explizit vorgesehen: E9b, E15 und E13

HIV und AIDS – Provisorische Leitlinie zum Einsatz von Cannabis als Medizin

Dieser Artikel ist Teil einer provisorischen Leitlinie zum Einsatz von Cannabis als Medizin.

HIV und AIDS

Geschichte von Cannabis als Medizin bei HIV / AIDS

In den USA ist HIV/AIDS eine der wichtigsten Diagnosen beim Einsatz von Cannabis als Medizin. Zahlreiche Positivlisten mit Diagnosen für den Einsatz von Cannabis in den einzelnen US-Bundesstaaten nennen HIV/AIDS.

Historisch gibt es einen engen Zusammenhang zwischen HIV/AIDS, Schwulenbewegung und der Legalisierung von Cannabis als Medizin in den USA. Die wegweisende Proposition 215 in Kalifornien geht auf den Aktivisten Dennis Peron zurück, dessen Partner an den Folgen von AIDS starb und der Cannabis als Medizin nutzte. Präsident Ronald Reagan erklärte nicht nur 1982 den War on Drugs, er ignorierte die aufkommende AIDS Epidemie als Krankheit der Homosexuellen und diffamierte die Betroffenen.

Cannabis wurde insbesondere gegen das Wasting-Syndrom (Gewichtsabnahme von über 10% des Körpergewichtes) als eine der primären Todesursachen bei Menschen mit AIDS eingesetzt. Verursacht wird das Wasting durch die krankheits-bedingte Einflüsse wie Inappetenz (Appetitlosigkeit, Anorexie), Mundsoor (Überwucherung der Mundhöhle mit Pilzen) und Durchfall.

Nicht verwechseln: Die sog. „Magersucht“ (Anorexia nervosa) ist eine psychisch bedingte Sonderform der Anorexie und wird manchmal fälschlich verkürzend als „Anorexie“ bezeichnet.

Das erste HIV-Therapeutikum Azidothymidin (kurz AZT, auch Zidovudin), welches 1987 zugelassen wurde verursacht fatalerweise Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen, insbesondere in den damals eingesetzten sehr hohen Dosierungen. Üblich waren 400 mg alle vier Stunden rund um die Uhr, heute werden in der Regel 600 mg pro Tag gegeben. Durch die Dauergabe waren auch die Nebenwirkungen rund um die Uhr spürbar, was die Abmagerung weiter vorantrieb. Cannabis half gegen die Bauchschmerzen und der oft als „witziges“ Kiffer-Klischee strapazierte „Fressflash“ wirkte für die Betroffenen lebensrettend. Die Droge war illegal, die US-Bundesregierung war kaum gewillt oder in der Lage Abhilfe zu schaffen. Es wurde hier primär auf Dronabinol oral gesetzt, während die Patienten gerauchte Cannabisblüten bevorzugten.

Aufgrund der Entdeckung von Cannabis durch die Betroffenen selbst und die Illegalität, die auch in Kalifornien 1996 nur auf Ebene des Bundesstaates und nicht auf der nationaler Ebene endete, ging die medizinische Nutzung von Cannabis nicht mit einer klinischen Erforschung einher.

Weiterlesen: Medical Marijuana and the AIDS Crisis von Clinton A. Werner Weiterlesen

Cannabis als Medizin – Zertifizierte Weiterbildung

Im November gibt es für interessierte Ärzte gleich zwei Möglichkeiten Fortbildungspunkte im Bereich Cannabis als Medizin zu sammeln.

Das Immanuel Krankenhaus Berlin bietet einen „Fachvortrag: Cannabis und Cannabinoide in der Medizin“. Referent in der zugeschaltete Experte in diesem Gebiet, Dr. Franjo Grotenhermen. Für 100 € Gebühr können 5 CME Punkte erworben werden.

Am 3. und 4. November 2016 findet in Berlin zudem der 11. akzept Kongress statt. Am Donnerstag findet dort eine zertifizierte Weiterbildung für Ärzte zu Cannabis als Medizin statt.

Donnerstag 03.11.2016; 14:15 – 15:30

Cannabis als Medizin nach der Gesetzesänderung

► Information für Ärzte (als Weiterbildung zertifizieren), Dr. Eva Milz, Berlin
► Information für Patienten – Fragen des Anbaus – Stand der Dinge, Maximilian Plenert

Thesen zu Cannabis als Medizin

Cannabis ist kein Wundermittel, sondern ein eher schwaches aber vielfältig wirksames Medikament mit wenig Nebenwirkungen
Cannabis ist ein eher schwaches aber vielfältig wirksames Medikament mit wenig Nebenwirkungen

Ich habe in letzter Zeit bei Vorträgen und Diskussionen einige Ad-Hoc-Thesen zu Cannabis als Medizin formuliert.

Hier die Thesen und darunter eine Erläuterung was damit gemeint ist.

1. Wir dürfen nicht auf weitere Studien warten

2. Cannabis ist kein Wundermittel, sondern ein eher schwaches aber vielfältig wirksames Medikament mit wenig Nebenwirkungen

3. Die Rechtslage ist weiter als die Köpfe

4. Cannabis passt nicht zu unserem Gesundheitssystem und ist aus den gleichen Gründen besonders wertvoll

5. Die Wünsche der Patienten müssen in den Mittelpunkt Weiterlesen

Rechtliche Rahmenbedingungen für den Vertrieb von Cannabidiol in Deutschland

Cannabis mit viel Cannabidiol wie von Medropharm Medical Cannabis - Richtige und wichtige Medizin!
Cannabis mit viel Cannabidiol wie von Medropharm Medical Cannabis – Richtige und wichtige Medizin!

Der Abgeordnete Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hat im Deutschen Bundestag eine Frage zum rechtlichen Status von Cannabidiol gestellt. Hintergrund der Frage: CBD soll verschreibungspflichtig werden. Hier die Frage sowie die Antwort der Bundesregierung.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 18/8659; 18. Wahlperiode 03.06.2016; Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 30. Mai 2016 eingegangenen Antworten der Bundesregierung

47. Abgeordneter Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen und unter Berücksichtigung der Empfehlung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vom 19. Januar 2016, dass Cannabidiol der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG unterstellt werden soll, darf Cannabidiol (CBD), beispielsweise in den Formen 10-prozentiges CBDExtrakt zur Herstellung von Kosmetika, 1-prozentiger CBD-Anteil in Hanfsamenöl (als Körperöl), CBD als natürlicher Bestandteil von Nutzhanfblütentee und anderen Nutzhanfprodukten, die zum Verzehr bestimmt sind, Hanfsamenöl (oder anderen Lebensmitteln) mit zugesetztem 0,5-prozentigem CBD sowie lose Nutzhanfblüten mit 1,5-prozentigem CBD-Anteil aktuell in Deutschland vertrieben werden, und welche Grenzwerte werden für CBD im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol (THC) in Lebensmitteln und Kosmetika erlassen?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth vom 2. Juni 2016 Weiterlesen

Wie kommt man als Patient darauf Cannabis als Medizin einzusetzen?

Cannabis - Sicher Medizin!
Cannabis – Sicher Medizin!

Das ist für den Einsatz von Cannabis als Medizin schon der erste Knackpunkt: Viele kranken Menschen wissen gar nicht, dass Cannabis ihnen helfen könnte und dass es (legale) Möglichkeiten gibt Cannabis als Medizin zu erhalten.

Die kommende Patientengruppe: Wenig Wissen über Cannabis

(Auch) Menschen, die sonst nichts mit Cannabis zu tun haben, stoßen insbesondere bei der Suche nach weiteren Behandlungsmethoden über das Internet auf Cannabis als Therapieoption. Das sind in der Regel Menschen mit besonders schweren, chronischen oder therapieresistenten Formen ihrer Krankheit sowie multimorbide (mehrere Erkrankungen) Patienten. Das geht meist einher mit einem höheren Lebensalter, womit man wieder bei den Menschen mit kaum oder garkeinem Wissen über Cannabis wäre.

Es müssen auch garnicht unbedingt die Patienten selbst sein, die den Anstoß geben, sondern auch Angehörige, Eltern von schwerkranken Kindern usw.

Die Informationen die Menschen hier im Internet finden – und dann damit zum Arzt gehen – sind von einer sehr durchwachsenen Qualität. Ähnliches gilt für den Informationsweg „Buschfunk“, während es einen gewaltigen Mangel an offiziellen, seriösen und anerkannten Quellen gibt.

Cannabis ist keine Wundermedizin

Problematisch sind viele Quellen auch durch die Vermischung von Verzweiflung der Patienten der Betroffenen, dem Glaube an Esoterik und einer sog. „alternative Medizin“ von Heilpraktikern und ihren falschen Versprechungen sowie eine Ablehnung von „Schulmedizin“, insbesondere im Bereich Krebs – Chemietherapie. Zusammen mit dem Verbot der „natürlichen Medizin“ Cannabis entstehen hieraus Informationsangebote und „Wissenstände“ von Patienten, die zum einen gruselig sind. Zum anderen sind die auch explizit kontraproduktiv, weil es den Ruf von Cannabis als Medizin in den Dreck zieht. Ärzte werden mit „Herr Doktor, helfen sie mir mit rohem Cannabissaft meinem Hirntumor zu helfen und mein Bein nachwachsen zu lassen“-Patienten konfrontiert. Diese Mediziner machen dann verständlicherweise im Worst Case direkt „dicht“. Aber auch wenn ein Arzt die Heilsversprechen kompetent zerpflügt, dann macht der Patient dicht.

Cannabis ist keine esoterische Wundermedizin, sondern ein sicheres Phytoarzneimittel mit einigen spannenden Eigenschaften. Sein Vorteil ist nicht unbedingt die Wirkstärke bei einer bestimmten Diagnosen. Hier gibt es inzwischen – vor einigen Jahrzehnten sah dies noch anders aus – viele sehr wirksame Mittel. Das Besondere an Cannabis ist die Mehrfachwirkung bei vielen Indikationen und ein vergleichsweise günstiges Verhältnis von Wirkung zu Nebenwirkungen. Gerade die Risiken von Cannabis sind sehr gut erforscht.

Durch die Umkehrung der Rollenverhältnisse z.B. beim Therapievorschlag durch einen vermeintlich oder real gut informierten und ggf. schon cannabiserfahrenen Patient und einem Arzt ohne Informationen oder die Möglichkeit sich zu informieren ist an sich schon ein Problem.

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Siehe auch: Ärzte sehen informierte Patienten kritisch

Patienten informieren sich immer häufiger selbst über Krankheiten, Behandlungsmöglichkeiten oder Kassenleistungen. Bei niedergelassenen Ärzten ist dieses Verhalten umstritten, oft raten sie Patienten von einer eigenen Recherche ab. Gleichzeitig haben jedoch viele Ärzte selbst Probleme, seriöse Quellen im Internet als solche zu erkennen.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter: http://idw-online.de/de/news654192

Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung, Jochen Lange, 13.06.2016 09:12

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Berichte über Einzelfälle wirken

Aber auch positive Informationsquellen und damit Wege zum Cannabis gibt es mehr. Neben dem Internet gibt es immer mehr Berichte in den Medien. Das umfasst Artikel über Cannabis als Medizin in den USA in der Apothekenumschau mit einer gewaltigen Reichweite. Aber auch über Einzelfälle und dem insbesondere zum Einsatz bei speziellen Diagnosen wie Schmerzen, ADHS, Tourette, Epilepsie, MS etc. finden sich immer wieder Fernsehbeiträge.

Meine Auftritte als ADHS Patient, insbesondere bei Scobel haben zu einem spürbaren Anstieg der Anrufe bei Frau Dr. Milz geführt. Vermutlich bin ich indirekt und direkt für einen nicht kleinen Teil der ADHS-Patienten mit Genehmigung „verantwortlich“.

Informationen von z.B. Fachgesellschaften gibt es bisher kaum, bei Schmerzen und MS (auch wegen Sativex) am ehesten. Aufgrund der schmalen Evidenz und keinen interessierten Pharmafirmen im Hintergrund wird diese Lücke noch lange erhalten bleiben.

Folie: Die Wiederentdeckung von Hanf

Folie: Die Wiederentdeckung von Hanf aus dem Vortrag zu Cannabis als Medizin am 5.8.2016 bei der AIDS-Hilfe Dortmund
Folie: Die Wiederentdeckung von Hanf aus dem Vortrag zu Cannabis als Medizin am 5.8.2016 bei der AIDS-Hilfe Dortmund

Um das Thema Cannabis als Medizin etwas besser zu verstehen muss man sich vergegenwärtigen wie „neu“ dieses Thema ist.

Nach Jahrtausenden medizinischer Nutzung und auch dem Einsatz als Genussmittel ging mit dem Verbot von Cannabis vor 100 Jahren viel Wissen verloren.

Deswegen war in den 2000er Jahren von einer „Wiederentdeckung von Hanf“ die Rede. Dies betrifft auch Cannabis als Rohstoff. Hier wurde ein Wirtschaftszweig komplett zerschlagen, der sich erst langsam wieder aufbaut.

Cannabis als Medizin wird zwar seit 5000 Jahren genutzt, aber warum Cannabis wirkt weiß man noch garnicht solange.

Der Wirkstoff THC wurde erst 1964 von Raphael Mechoulam und Yechiel Gaoni am Weizmann Institute of Science isoliert.

Vergleich: Isolierung anderer natürlicher Wirkstoffe
Morphin: 1803
Codein: 1832
Chinin: 1792
Salicylsäure: 1838
Colchicin: 1833

Exkurs: Ein völlig unbeachtetes aber folgenreiches Details hier ist Nichtlöslichkeit von Cannabinoiden in Wasser und die damit verbundenen Probleme bei der Ermittlung der genauen chemischen Struktur. Siehe auch: Zeit des Umbruchs: Die medizinische Verwendung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Dr. med. Franjo Grotenhermen

Die Grundlage warum Cannabinoide im Körper wirken, das Endocannabinoid-System fand man erst 1992. Als Vergleich, die Opioidrezeptoren fand man bereits 1973.

Damit konnten die meisten der heutigen Ärzte in ihrem Studium nichts über das Endocannabinoid-System erfahren. Nach einer Entdeckung erfolgt Grundlagenforschung, dann füllen gesicherte Erkenntnisse irgendwann ein Buch und dass muss dann noch an die Universitäten, den Lehrkörper und den Lehrplan – alles insgesamt ein sehr träges System.

Ein wichtiges Datum bei der Wiederentdeckung ist die Relegalisierung von Cannabis als Medizin in Kalifornien durch eine Volksabstimmung über Proposition 215 – Compassionate Use Act im Jahr 1996.

In Deutschland wurde THC („Dronabinol“) 1998 verschreibungsfähig. Quasi alle Fortschritte seitdem sind auf Urteile die Patienten erstritten haben zurückzuführen. Die Politik hat blockiert wo sie nur konnte.

Cannabis als Medizin wurde 2003 in den Niederlanden zugelassen, das ist insbesondere deswegen relevant weil Deutschland bis vor kurzem komplett von dort versorgt wurde.

Die erste Ausnahmegenehmigung zum Erwerb von Cannabisblüten in Deutschland wurde 2007 erteilt.

Als 2010 die Zeitungen titelten dass die Bundesregierung Cannabis als Medizin „legalisieren“ würde, war damit nicht mehr gemeint als dass die Rechtsgrundlage für die Zulassung von bis heute genau einem weiteren Medikament geschaffen wurde.

Dann kündigte 2015 die Drogenbeauftragte und „CSU-Haschrebellin Mortler“ eine gesetzliche Regelung für die Kostenerstattung für Cannabis als Medizin an.

Motivation hierfür war ein drohendes Urteil, welches in diesem Frühling gefällt wurde und den Weg freimachte für den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten. Noch hat aber auch der Kläger nicht die erste Anbaugenehmigung in seinen Händen. Man wird bei ihn und allen Nachahmungstätern versuchen Zeit zu schinden bis das neue Gesetz in Kraft tritt und sich damit die Rechtsgrundlage für das Urteil ändert.

Mit dem neuen Gesetz soll Cannabis verschreibungs- und erstattungsfähig werden, mit einem Inkraftreten ist 2017 zu rechnen. Noch ist das Gesetz aber nicht beschlossen und im parlamentarischen Verfahren.

Cannabis als Medizin: Best Practices for Physicians

Die California Medical Association (CMA) hat in ihren Physician Recommendation of Medical Cannabis Informationen zur „Best Practices“ beim Einsatz von Cannabis als Medizin veröffentlicht. Hier einige frei übersetze Punkte:

Der orale Gebrauch von Cannabis sollte der Standard sein. Falls diese Form nicht wirksam ist oder Arzt oder Patient sie begründet (z.B. Kosten) ablehnen kann das Rauchen oder besser das Vaporisieren von Cannabis in Frage kommen.

Patienten sollten angewiesen werden ihre Medizin, insbesondere gegenüber Kinder, sicher zu lagern.

Die Dosis sollte so niedrig wie möglich um eine ausreichende medizinische Wirkung zu erzielen sein.

Die Patienten sollten zu Toleranzentwicklung, Entzugssymptomen und der Kontrolle über den Cannabisgebrauch befragt werden.

Die Wirksamkeit und die Nebenwirkungen der Behandlung sollten regelmäßig überprüft werden.

Den Patienten ist von einer Teilnahme am Straßenverkehr und der Benutzung von schweren Maschinen unter dem Einfluss von Cannabis abzuraten.

Der Arzt sollte für jeden Patienten die individuellen Risiken, Vorteile und Alternativen zur Behandlung mit Cannabis erfassen und dokumentieren.

Besondere Vorsicht ist bei Kindern und Minderjährigen, Schwangeren und Stillende, Menschen mit psychischen Erkrankungen und solchen mit einer Abhängigkeitsvorgeschichte angebracht.

Der Arzt sollte die Kompetenz Probleme wie eine Abhängigkeit zu erkennen und zu behandeln aufweisen.

Mediziner sollten auf dem Laufenden bzgl. der Forschung bei Cannabis als Medizin sein.

Als mögliche Risiken von Cannabis nennt die CMA in ihren Empfehlungen: Weiterlesen