Wem nützt das Drogenverbot? Nicht nur ans Geld denken!

Anlässlich immer wiederkehrender Frage wie „Was meint ihr, wer hätte die größten Nachteile durch eine Cannabislegalisierung?“ und üblichen Feindbild-basierten Antworten, die leicht in ein geschlossenes Verschwörungsdenken abrutschen, ein kleiner Denkanstoß: Der Nutzen einer bestimmten Politik lässt sich nicht nur in Euro ausdrücken. Politik und insbesondere die heute Drogenverbotspolitik hat auch einen sozial-psychologischen Nutzen. Henning Schmidt-Semisch schreibt hierzu in seinem Text „Kiffen dürfen reicht nicht„:

4. Vom Nutzen der Sucht

Komplexer ist die Frage, wem es nützen könnte, andere Leute als süchtig zu bezeichnen. Ohne an dieser Stelle eine ausführliche Interessenanalyse der herrschenden Suchtpolitik betreiben zu wollen und zu können, seien doch einige Nutznießer der Suchtdramaturgie benannt. Zunächst läßt sich sagen, daß Sucht Teil jenes ideologischen Komplexes ist, der die herrschende, weitgehend auf Zwang und Repression focussierte Drogenpolitik legitimieren soll. Neben einem moralisch verwerflichen, staatsbedrohenden Bild des Drogenhändlers im Besonderen und der Organisierten (Rauschgift-)Kriminalität im Allgemeinen sowie dem Konsens eines gesellschafts- und gemeinschaftszerstörerischen Drogenkonsums ist es vor allem der Rekurs auf die Dramatik der Sucht, der die staatlichen Agenturen befähigt, immer neue und härtere Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen zu beschließen: Kleiner und großer Lauschangriff, härtere und längere Strafen, mehr und besser ausgerüstete Polizeibeamte, Vermögensstrafe und beschleunigte Abschiebemöglichkeiten, dies alles wird nur allzu häufig mit Verweis auf Drogenkriminalität und die damit immer assoziierte Sucht gerechtfertigt. Die Gefängnisse, vor allem auch die Untersuchungs- und Jugendgefängnisse werden immer noch zu einem großen Teil von Menschen bevölkert, die im Zusammenhang mit Drogenkonsum verurteilt wurden. Das ganze Drogenproblem ist, wie es Nils Christie und Kettil Bruun formulierten, ein ideales soziales Problem, das sich – wie ähnliche Probleme – durch bestimmte Merkmale auszeichnet: „Niemand will die Angegriffenen verteidigen; die Angreifer bekommen Auszeichnungen; die Kosten des Krieges werden den Schwachen aufgebürdet; das gute Leben der Mehrheit bleibt ungestört. Gesellschaftliche Oberflächenprobleme sind die idealen Gegner. Sie dienen als Erklärung für andere soziale Schwierigkeiten – Jugendprobleme, Armut und Kriminalität – und lassen auf diese Weise Machtzentren und die großen Mehrheiten in Frieden, indem sie die Auseinandersetzungen mit den eigentlichen und gefährlichen sozialen Problemen in den Hintergrund rücken lassen.“ Aber nicht nur der staatliche, sondern vor allem auch der semistaatliche und private Dienstleistungssektor hat letztlich mehr Nutzen als er Schaden nimmt: So patroullieren etwa private Sicherheitsdienste durch Stadtteile, Innenstädte, Ladenpassagen und andere Konsumpaläste, um vor allem auch den verabscheuten Konsumenten legaler (Penner) und illegaler (Junkies, Rumhänger) Drogen den Zutritt zu diesen Orten schwer oder unmöglich zu machen.
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