Bemerkenswertes aus dem EBDD Jahresbericht 2010

Vor zwei Monaten kam der Jahresbericht 2010 der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zum Stand der Drogenproblematik in Europa raus. Die Spezialthemen sind dieses Mal: Behandlung und Pflege älterer Drogenabhängiger und Problematischer Konsum von Amphetamin und Methamphetamin in Europa. Beim Blättern sind mir einige Passage besonders aufgefallen, diese möchte ich hier präsentieren und kommentieren.

Welche Kosten verursacht Drogenmissbrauch?

„In Schottland wurden den jüngsten Schätzungen zufolge für das Jahr 2006 die wirtschaftlichen und sozialen Kosten des Drogenmissbrauchs mit 5,1 Mrd. EUR beziffert. Die Hälfte dieser Kosten wurde den allgemeineren soziale Kosten zugeordnet, einschließlich der Kosten für Opfer von Straftaten durch problematische Drogenkonsumenten und des seelischen Schmerzes, den die Angehörigen von Konsumenten, die infolge ihrer Drogensucht gestorben sind, erleiden müssen. 96 % der gesamten sozialen und wirtschaftlichen Kosten entfielen auf den problematischen Drogenkonsum und nur 4 % auf den Drogenkonsum im Freizeitmilieu.“

Überträgt man diese Zahlen über die Einwohnerzahl auf die BRD erhält man 85 Mrd. € wirtschaftliche und soziale Kosten des Drogenmissbrauch.

Wieviele Menschen sind in der EU in Behandlung wegen Drogenmissbrauch?

„Auf der Grundlage vieler verschiedener Quellen, einschließlich des Indikators „Behandlungsnachfrage“, geht eine konservative Schätzung davon aus, dass sich im Jahr 2007 in der Europäischen Union rund 1 Million Menschen wegen ihres illegalen Drogenkonsums in Behandlung begeben haben.“

Spannend wäre hier ein europaweiter Vergleich: Anzahl der Abhängigen und Menschen in Behandlung, da ich die These habe dass einige Länder trotz massiver Probleme nicht ausreichend Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen.

Was ist eigentlich „Harm Reduction“?

„Welche Maßnahmen routinemäßig angeboten werden, ist vom jeweiligen nationalen Kontext abhängig; sie umfassen jedoch eine individuelle Risikobewertung und Beratung, zielgerichtete Informationen und Hinweise für einen sichereren Konsum, die Verteilung von Injektionsbesteck außer Nadeln und Spritzen, die Förderung der Verwendung von Kondomen unter den injizierenden Konsumenten, Tests auf ansteckende Krankheiten und entsprechende Beratungsleistungen, antiretrovirale Therapien und Impfungen gegen die Virushepatitis. Viele dieser Leistungen werden in niedrigschwelligen Diensten erbracht. Maßnahmen zur Schadensminimierung, die auf die Verhinderung drogeninduzierter Todesfälle abzielen, sind jedoch selten (22), obgleich das Bewusstsein für die Notwendigkeit solcher Maßnahmen immer weiter steigt.“

Ein Vergleich zwischen dem Umfang der angebotenen Maßnahmen in Relation zu den Betroffen und der Zahl der Drogentoten pro Einwohner dürfte ebenfalls interessant sein.

Wer wird das Ziel der Strafverfolgung?

„In den meisten europäischen Ländern (23 Länder) machten im Jahr 2008 nach wie vor Straftaten im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum oder dem Drogenbesitz für den eigenen Gebrauch den größten Teil der Verstöße gegen die Drogengesetzgebung aus: Estland, Spanien, Frankreich, Österreich, Slowenien und Schweden meldeten dabei die höchsten Zahlen (81 % bis 92 %). In der Tschechischen Republik (87 %) standen Drogendelikte jedoch überwiegend im Zusammenhang mit dem Drogenangebot (30).“

Estland, Spanien, Frankreich, Österreich, Slowenien und Schweden jagen also primär bis fast ausschließlich Konsumenten!

Beim Konsum von Cannabis sind die Länder mit den höchsten und mit dem niedrigsten Konsum unabhängig von Alter und Konsumfrequenz fast immer die Gleichen: Niedrig = Rumänien, Malta, Schweden, Griechenland, Polen, Litauen und Ungarn – Hoch = Tschechische Republik, Spanien, Italien und Frankreich.