Stoppt „Spice“ und „Ecstasy“ – Legalisiert THC und MDMA!

Das Drogenverbot sorgt für einen freien, sprich unregulierten Markt und der hat bekanntlich nur Scheiße im Kopf. Ohne ein vernünftiges Informationsangebot über den Inhalt der angebotenen Drogen – wie es Drugchecking bereitstellen würde – für die Käufer („hohe Transaktionskosten“ wie die Ökonomen sagen würden), bestimmt das Angebot den Markt. Die Drogenanbieter setzen auf eine möglichst billige Massenproduktion (Hinterhoflabore in Fernost) sowie unregulierte und tunlichst unbekannte Substanzen, um Nachweis und Verbot zu erschweren, verkauft als sog. „Research Chemicals“. Meist gibt es über diese Substanzen nahezu keine Erkenntnisse aus der Arzneimittelforschung. Die Werbung und „Konsumenteninformation“ für Substanzen wie Spice und seine Nachfolgeprodukte sind völlig inhaltsleer bis irreführend – in Polen wurden deswegen die wirkungslosen Trägersubstanzen für die synthetischen Cannabinode verboten. Die Ergebnisse dieser Drogenpolitik ohne Marktregulierung lässt sich auch in den offiziellen Berichten nachlesen und findet ihren Ausdruck in den Schlagzeilen: „Drogenbericht: Neue Ecstasy-Pille besonders gefährlich“, „Tote durch neuartiges Ecstasy: Cannabis-Konsum bleibt hoch“, „Expertin warnt vor neuen Todes-Drogen“, „Experten warnen vor neuer Kräuter-Droge“.


Kaufangebot für Mephedron, eine sog. ''Research Chemical'', gefunden nach wenigen google Klicks, man beachte die Angabe ''Supply Ability''
Kaufangebot für Mephedron, eine sog. „Research Chemical“, gefunden nach wenigen google Klicks, man beachte die Angabe „Supply Ability“ – das ist Massenproduktion!


Das „neue Ecstasy“

Die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans und ihr europäischer Kollege Götz, Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, warnen in ihren aktuellen Jahresberichten vor den Wirkstoffen Methoxyamphetamin (PMA) und Para-Methoxymethylamphetamin (PMMA) als (Haupt-)Bestandteil von „Ecstasy“-Pillen. Diese wirken im Vergleich zu MDMA verzögert, was nicht selten zu einem Konsum einer weiteren Pille und damit zu einer Überdosierung führt.
Nebenbei bemerkt, früher wurden MDMA und seine nahen Verwandten mit Ecstasy gleichgesetzt, heute wird der Begriff allgemein für Party-Pillen genutzt. MDMA und ähnliche gute Stoffe sind darin nur noch selten enthalten, Experten sprechen vom „Ende von Ecstasy“ und damit vom Ende einer Ära in der Technoszene, sie raten teilweise völlig von Pillen ab. MDMA ist inzwischen häufiger in Kristallform anzutreffen als in irgendeiner Pille, erhältlich am ehesten in der Schweiz, wo Drugchecking praktiziert und damit der Markt zumindest ein wenig gesteuert wird.

„Legal Highs“ auf dem Vormarsch

Zudem meldet die EBDD einen Rekord an völlig neuen Substanzen wie Mephedron:

„Im Jahr 2009 wurden der EBDD und Europol 24 neue psychoaktive Substanzen erstmals offiziell bekanntgegeben.“

Neun davon sind synthetische Cannabinoide, fünf Phenethylamine,
zwei Tryptamine und vier synthetische Cathinone. Die Cannabinoide wie JWH-018 sind die Bestandteile von Spice und seinen Nachfolgeprodukte, verboten sind in Deutschland derzeit nur drei dieser Substanzen. Das in Deutschland bekannteste Cathinone ist Mephedron, in Polen ist es Methylon, das die Gemüter erregt und die Regierung zum Kampf gegen die Todesdealer anspornt LINK.
Zur Verbreitung sei neben der schon gezeigte einfachen Bestellmöglichkeit noch eine britische Online-Erhebung erwähnt. Auch wenn derartige Umfragen meist nicht repräsentativ sind, ist das Ergebnis, dass bei den 2 295 Befragten Mephedron als die – nach Cannabis, Ecstasy und Kokain – am viert-häufigsten konsumierte Droge genannt wurde, durchaus aussagekräftig. Jeweils ein Drittel gab an Mephedron in den letzten 30 Tagen / 12 Monaten / nie konsumiert zu haben. Das ist allerdings nur die Spitze des Eisberges:

„Seit der Einführung des ersten Frühwarnsystems im Jahr 1997 wurden auf diesem Weg mehr als 110 Substanzen an die EBDD und Europol gemeldet. In den letzten fünf Jahren sind neue Gruppen von Substanzen aufgetreten. Dazu zählen verschiedene Piperazine, synthetische Cathinone und synthetische Cannabinoide.“

Piperazine sind die schon seit einigen Jahren als „Ecstasy“ auf dem Markt verkauften Wirkstoffe BZP, mCPP, TFMPP und MeOPP. Aussagen wie „In der EU wurden schon 73 Todesfälle im Zusammenhang mit dieser Droge [Mephedron] gemeldet.“ sind mit großer Skepsis zu betrachten, nicht wenige dieser Meldungen waren so solide wie die des ersten bayrischen Cannabistoten in Passau oder Miesbach. Nichtsdestotrotz weiß man sehr wenig über diese Substanzen, ihre Dosierung, mögliche Verunreinigungen in Folge einer unprofessionellen Synthese oder Konzentrationsschwankungen in den fertigen Drogen. Mitarbeiter von Drugcheckingprogrammen in der Schweiz und Österreich berichten davon, dass ihre besten Informationsquellen Erfahrungsberichte in den Onlineforen sind, klinische Studie gibt es meist nicht.

Ursache: Prohibition, Wirkung: unkontrollierte Substanzen

Die Verdrängung von MDMA durch PMA, PMMA sowie Piperazine und die Phänome „Spice“, „Legal Highs“ und „Research Chemicals“ sind eine direkte Folge der Drogenpolitik ohne Marktregulierung. Jede Gesellschaft sucht und findet Drogen für ihren Rausch. Andere Beispiele hierfür wären Schwarzbrennerei, der Konsum von Paco, Klebstoff- und Deoschüffeln in unseren Breiten und in Slums des globalen Südens, was alles deutlich schädlicher ist als der Konsum von legal und reguliert verkauften Drogen, sei es Alkohol, Cannabis oder Heroin. Die Alternative zu einem Drogenschwarzmarkt mit all diesen neuartigen Substanzen ist ein legaler und regulierter Fachhandel für MDMA und THC.
Die Wirkstoffe THC und MDMA ebenso wie Cannabis mit seiner Cannabinoidmischung sind über Jahrzehnte hinweg gut erforscht worden, sowohl unter klinischen Bedingungen als auch im Feldversuch durch die Millionen KonsumentInnen weltweit. Unter kontrollierten Bedingungen sind diese Substanzen sicher genug, um als Medikament eingesetzt zu werden. Durch die mehreren Milliarden Konsumvorgänge pro Jahr ist meiner Ansicht nach sichergestellt, dass es keine signifikanten Risiken oder Wirkungen gibt, die noch unbekannt sind. Dies steht keineswegs im Widerspruch zu dem Erkenntnispotenzial weiterer Forschungen, diese sollten nur auch immer in den Kontext der bisherigen Ergebnisse gebracht werden. Der mangelhafte Wissenschaftsjournalismus zum Thema Drogen vermittelt gern den Eindruck, dass die neue Studie x alle bisherigen Erkenntnisse über den Haufen geworfen hätte, als Beispiel sei hier ein Artikel aus dem Wissenschaftsteil der Zeit erwähnt. In diesem wurde, aufgrund einer erhöhten Heroinaffinität von Ratten, denen in ihrer Jugend ein THC ähnlicher Stoff gespritzt wurde, geschlossen, dass Cannabis für Menschen eine Einstiegsdroge sein müsse, die Ratten haben es bewiesen! Allein die Empirie zeigt, dass nicht massenweise Cannabiskonsument_innen zu Heroin gewechselt haben, ja, die allermeisten Kiffer in ihrem ganzen Leben keinen Kontakt zu illegalen Opioiden haben.

Hier noch einige Daten zum „THC und MDMA Feldversuch“ in Europa, genauer die Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, der Wert in Klammern beschreibt den prozentualen Anteil der jeweiligen Personengruppe:

Droge Jemals konsumiert In den vergangenen zwölf Monaten
Cannabis Mindestens 75,5 Mio. (22,5%) etwa 23 Mio. (6,8%)
MDMA etwa elf Mio. (3,3%) etwa 2,5 Mio. (0,8%)


Quelle: EBDD Bericht 2010, zitiert aus „In Zahlen: Millionen Konsumenten in Europa“, Die Presse vom 10.11.2010

Die Risiken und Nebenwirkungen der Prohibition: Nekrosen & Milzbrand

Auch für Kokain und Heroin gilt: Die Illegalität tötet. Im ersten Fall sind es Streckmittel wie Lidocain und Tetracain („Zahnarztkoks“), die bei intravenösem Konsum zu Herzrhythmusstörungen sowie einer Lähmung des zentralen Nervensystems und damit zu Tod führen können – alleine in Berlin sind ca. 70 Todesfälle für den Zeitraum ’95-’98 rechtsmedizinisch bestätigt – oder das Entwurmungsmittel Levamisol, welches zu Nekrosen und dem Abfaulen der Ohrläppchen führen kann. Im zweiten Fall ist die Drogenprohibition nicht nur für einen Großteil des Drogenelends verantwortlich, sondern auch für das Einschleppen von Milzbrand nach Europa. Fände man an einem Bahnhof Reste von dem, was sich Junkies spritzen, gäbe es Terroralarm, aber solange nur „Giftler“ daran sterben, ist es der Politik und den Medien reichlich egal.

Visionäre und reale Drogenpolitik

Diese Risiken würden durch eine Legalisierung der Wirkstoffe und einen regulierten Verkauf vollständig verschwinden. Das Gleiche gilt auch für die Risiken aufgrund eines unkontrollierbaren Wirktstoffgehalts, der den Konsum jeder Drogen gefährlicher macht, nicht selten für Drogenunfälle und bei Heroin für einen signifikanten Anteil der Drogen(politik)toten verantwortlich ist. Eine wie auch immer ausgestaltete Regulierung der Drogenmärkte dürfte sich dann auch wieder Drogenpolitik nennen – denn alles zu verbieten ist keine Politik!
An der Front der Realpolitik scheint sich zumindest im Bereich Drugchecking etwas zu tun. Hierzu wird es nicht nur im nächsten Frühling auf Initiative der Grünen Bundestagsfraktion eine Anhörung im Gesundheitsausschuss geben, auch das Land Berlin wird einen Antrag für ein Drugchecking-Modellprojekt beim Bfarm stellen. Dahinter steht die Drugchecking-Initiative Berlin und Brandenburg, auch hier sind die Grünen über die LAG Drogen Berlin und deren Tibor Harrach beteiligt. Das Ergebnis des Antrages ist noch völlig offen, die praktischen Vorteile liegen auf der Hand. Aber was interessieren die schon eine konservative Regierung und eine die Kriminalisierung von Konsument_innen klar befürwortende Drogenbeauftragte. Auch ihre Vorgängerin Sabine Bätzing hatte das Thema ignoriert und bekanntgegeben, dass die Warnung vor Streckmitteln [in diesem Fall in Cannabis] eine Verharmlosung des Konsums darstelle. Meine persönliche Einschätzung ist, dass sich die dem Gesundheitsminister unterstellte Behörde hinter formaljuristischen Problemen verschanzen und es am Ende wieder eine Frage der Gerichte wird, ob sich irgendetwas Drogenpolitisches in diesem Land bewegt.