Was könnte man durch eine Legalisierung von Cannabis alles finanzieren?

Eine Entkriminalisierung der Konsumenten von Cannabis sowie die Schaffung eines legalen und regulierten Cannabismarktes für Erwachsene würden mindestens 1,2 Mrd. € einsparen bzw. Steuereinnahmen generieren. Mit diesem Geld könnte man z.B.

  • Jedes in Deutschland geborene Kind mit 1800€ begrüßen.
  • Jeden Schüler in Deutschland mit 100€ extra fördern.
  • Jedem BAföG Empfänger pro Monat 100€ extra auszahlen.
  • Jeder Schule ein freies Budget von 35000€ zur Verfügung stellen.
  • Jedes Kind dass in Armut lebt mit 1000€ pro Jahr fördern.
  • Die Praxisgebühr abschaffen (ja das passiert übermorgen, aber trotzdem)
  • Endlich genug Suchtprävention finanzieren, damit es auch eine spürbare Wirkung gibt, Quelle
  • Den Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung um 12% erhöhen.
  • Die Aufgaben im Bereich Entwicklungszusammenarbeit um 15% steigern.
    den ermäßigten Mehrwertsteuersatz um 1% senken
  • Das Arbeitslosengeld 2 auf ein verfassungskonformes Niveau anheben.
  • immerhalb von 30 Jahren alle Kassenkredite der Städte und Gemeinden zurückzahlen
  • die Öffent­lichen Kultur­ausgaben um 16% steigern
  • mindestens 19.000 zusätzliche Stellen im Bereich Suchtprävention finanzieren. Das wäre einer Vollzeitstelle pro 600 Schüler, dies entspricht eine halbe Stelle für jede Grundschule, jede weiterführende Schule und jede berufliche Schule in Deutschland.
  • Den Etat des Bundesverkehrsministeriums für den Bereich Radverkehr um den Faktor 25 erhöhen.
  • Den Beitrag von Deuschland zur Finanzierung des internationalen Klimaschutzes verdoppelt.
  • Das Zuschussprogramm für die energetische Gebäudesanierung der Bundesregierung versechsfachen.
  • Das Programm „Anschaffungsprämie für neue & sparsame Kühlschränke“ gleich 3 mal finanzieren
  • Wie vom BUND gefordert ein Programm zur gesellschaftsorientierten Forschung zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen auflegen.
  • Das Programm der Bundesregierung für benachteiligte Kinder an Grundschulen verdoppelt, Quelle
  • Deutschland alleine könnte wie vom NABU gefordert das Umweltschutz-Förderprogramm LIFE deutlich aufstocken

Suchtpolitik ist keine Geschmacksfrage!

“Nach so vielen Jahrzehnten ergebnisloser Diskussionen sind wir nicht mehr an Glaubenssätzen, Meinungen und Allgemeinplätzen zur Prohibition interessiert. Wir erwarten Beweise. Für die Vorteile von Prohibition wurde noch kein einziger vorgelegt. Diejenigen dagegen mehren sich von Jahr zu Jahr. Ob uns das gefällt oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. Es sei denn, Suchtpolitik wäre eine Geschmacksfrage.” – Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, Kommentar zu Nach dem Krieg gegen die Drogen: Modelle für einen regulierten Umgang

Gibt es „Einstiegsdrogen“?

Die ewige Debatte „Ist Cannabis eine Einstiegsdroge?“ hängt mir persönlich zum Halse raus. Wir müssen uns leider noch immer mit diesem Mythos beschäftigten da er in der Bevölkerung noch immer weit verbreitet ist und der Top-Grund gegen eine Legalisierung ist – zumindest sagt dies eine Umfrage des Instituts Earsandeyes: „Sie haben angegeben, dass Sie die Legalisierung von Cannabis ablehnen. Was sind die Gründe für Ihre Ablehnung?“ – Antwort bei 73% „Cannabis ist eine Einstiegsdroge (d.h. nach dem Cannabiskonsum folgen oft auch härtere Drogen).“ Das ist nicht weiter verwunderlich, wird diese These von „Experten“ in Bundestagsanhörungen immer wieder aufgewärmt und dass obwohl selbst sehr vorsichtige und sicherlich nicht drogenverharmlosende drugcom, ein Portal der BZgA und damit der Bundesregierung klar schreibt:

„Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Weg in den Drogengebrauch und seine mögliche Verhaltensverfestigung ist durch komplexe Ursachen und Verläufe charakterisiert. Dabei sind Haschisch oder Gras nur ein Faktor von vielen und auch angesichts aktueller Studienergebnisse ganz sicher nicht die Einstiegsdroge.“

Hier ein Auszug aus meinem Artikel über die „Wie gefährlich ist Cannabis?“ Anhörung Anfang 2012:

„Thomasius schreibt in seiner Stellungnahme: „Im Antrag wird behauptet, dass sich die Hypothese, Cannabis sei eine Einstiegsdroge, als haltlos herausgestellt habe. Dies ist nicht der Fall.“ und führt in seiner Stellungnahme eine Vielzahl von Korrelationen auf. Aber eine Korrelation ist keine Kausalität! Staatsanwalt Patzak sagte in einem Satz „nicht jeder, der Cannabis konsumiert landet bei härteren Drogen“ aber in seinen 9000 Ermittlungsfällen als Staatsanwaltschaft habe sich gezeigt: Fast jeder mit einer Heroin-, Kokain- oder Amphetaminproblematik hat vorher Cannabis konsumiert. Die gleiche Volksverdummungstaktik…“ Weiterlesen

Die sog. „Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität“ ist ein Krieg gegen unsere Kinder!

Hier mal einige Zahlen dazu:

Allgemeine Verstöße gemäß § 29 BtMG (sog. „Konsumbezogene Delikte“) im Jahr 2011:

  • Insgesamt 144.140 Fälle
  • Kinder unter 14 Jahre 530 = 1,5 Fälle pro Tag
  • Jugendliche 14 bis 16 Jahre 4.376 = 12 Fälle pro Tag
  • Jugendliche 16 bis 18 Jahre 9.644 = 26 Fälle pro Tag
  • Jugendliche und Kinder insgesamt 14.550 = 40 Fälle pro Tag = 10% aller Fälle
  • Heranwachsende (18 – 21) 24.386 = 67 Fälle pro Tag
  • Unter 21 Jahre 38.936 = 107 Fälle pro Tag, 27% aller Fälle

Die Polizei ist hier nicht Freund und Helfer, sondern ein Organ der Strafverfolgung!

Quelle: Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2011, Jahrbuch 2011

DHS-Kongress: CDU, SPD und FDP drücken sich mutwillig

Frank Tempel schreibt in seinem Bericht zum DHS Kongreß:

‎“Die ursprünglich auch angefragten drogenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen von FDP, Union und SPD sagten kurzfristig unter dem Vorwand ab, dass es eine namentliche Abstimmung im Bundestrag gibt. Dies war jedoch überhaupt nicht der Fall. Offensichtlich konnten oder wollten sich SPD, Union und FPD nicht der Diskussion stellen.“

Somit waren nur Grüne und LINKE da und die Debatte war etwas einseitig. Es spricht für sich, dass weder SPD noch CDU jemanden fanden, der bereit war vor Fachleuten die repressive Drogenpolitik zu verteidigen…

Umsatz und Gewinne im Bereich illegalisierte Drogen in Deutschland

Ich habe über drei unterschiedliche Ansätze versucht abzuschätzen wieviel Umsatz und Gewinn in Deutschland mit dem Handel und Schmuggel von illegalisierten Drogen gemacht wird. Auch wenn diese Schätzungen jeweils relativ grob sind, kommen sie zu relativ ähnlichen Ergebnissen. Die Gewinne für die organisierte Kriminalität liegen bei 1-2 Milliarden Euro. Der Gesamtumsatz des Drogenmarktes liegt bei schätzungsweise 2,5-3,5 Milliarden Euro. Insbesondere im Bereich Cannabis ist anzunehmen, dass die Zahlen eher die Untergrenze darstellen. Der Deutsche Hanf Verband kommt in eigenen Berechungen aus weitaus höhere Zahlen, u.a. da in den Bezugsjahren 2001 und 2002 die Beschlagnahmungen weitaus höhrer lagen.

Ansatz 1: Schätzung des BKA

Das BKA versucht die Gewinne im Bereich Rauschgifthandel und -schmuggel durch die Organisierte Kriminalität einzuschätzen. Es kaum zu folgenden Ergebnissen:

  • 2011: 40 Millionen Euro
  • 2010: 126 Millionen Euro
  • 2009: 87 Millionen Euro

Dies ergibt einen Durchschnitt von 84 Millionen Euro. Die Polizei findet schätzungsweise 5-10% der sich im Umlauf befindlichen Drogen. Überträgt man diese Aufklärungquote auf die geschätzen Gewinne, ergibt sich ein Gesamtgewinn von 0,8 – 1,7 Milliarden Euro pro Jahr.

Quelle: Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2009, 2010, 2011

Ansatz 2: Anteil am weltweiten Drogenkonsum

Laut UNODC nehmen etwa 300 Millionen Menschen auf der Welt illegalisierte Drogen. Der Umsatz des weltweiten Drogenhandels beläuft sich auf 330 Milliarden Dollar. Die ca. 3 Millionen Drogenkonsumenten in Deutschland erzeugen damit einen Umsatz von 3,3 Milliarden Dollar bzw. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Ansatz 3: Beschlagnahmungen

Im REITOX Jahresbericht für Deutschland werden sowohl die Beschlagnahmungszahlen der Polizei sowie Preise für Drogen im Klein- und Großhandel genannt. Die Polizei findet schätzungsweise 5-10% der sich im Umlauf befindlichen Drogen. Ausgehend von den Werten für das Jahr 2009 und 2010 ergeben sich folgende Umsätze im Millionen Euro:

Kleinhandel Großhandel
Beschlagnahmungsquote 10,00% 5,00% 10,00% 5,00%
Heroin 225 451 125 250
Kokain 1516 3032 941 1881
Amphetamine 149 297 46 91
Ecstasy 25 50 9 19
Haschisch 152 303 54 108
Marihuana 381 761 189 378
Summe 2447 4894 1363 2726
Mittelwert 3671 2045

Die Gewinne zwischen der Ebene des Großhandels und des Kleinhandels liegen bei 1,6 Milliarden Euro. Bei Cannabis kommen noch 101549 beschlagnahmte Cannabispflanzen hinzu. Nimmt man auch hier eine Beschlagnahmungsquote von 5-10% an, wuchsen in Deutschland in den Jahren 2009 und 2010 jeweils Cannabispflanzen, die auf der Ebene des Kleinhandels einen Wert von 90-300 Millionen Euro und der Ebene des Großhandels 210-680 Millionen Euro hatten.

Entwicklung der konsumnahen Delikte im Verhältnis zur „Rauschgiftkriminalität“

In der drogenpolitischen Debatte wird immer wieder behauptet die Fokus der Polizei läge inzwischen bei Drogenhändlern und nicht bei den Konsumenten. Ein Blick in die Zahlen des BKA zeigt, dass dem mitnichten so ist.

Zunächst einmal zu den Begriffsdefinitionen des BKA:

Der Begriff „konsumnahe Delikte“ umschreibt die allgemeinen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Diese betreffen Delikte nach § 29 BtMG, die den Besitz, den Erwerb und die Abgabe von BtM sowie ähnliche Delikte umfassen.
Unter dem Begriff „Handelsdelikte“ werden Delikte des illegalen Handels mit und Schmuggels von Rauschgiften nach § 29 BtMG sowie die Delikte der illegalen Einfuhr von BtM nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zusammengefasst.

Sonstige Verstöß e sind: Illegaler Anbau von BtM (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG), BtM-Anbau, -Herstellung und -Handel als Mitglied einer Bande (§§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 30 a), Bereitstellung von Geldmitteln o. ä. Vermögensgegenständen (§ 29 Abs. 1 Nr. 13), Werbung für BtM (§ 29 Abs. 1 Nr. 8), Abgabe, Verabreichung oder Überlassung von BtM an Minderjährige (§ 29 a Abs. 1 Nr. 1, ggf. § 30 Abs. 1 Nr. 2), leichtfertige Verursachung des Todes eines anderen durch Abgabe, Verabreichung oder Überlassung von BtM zum unmittelbaren Verbrauch (§ 30 Abs. 1 Nr. 3), illegale Verschreibung und Verabreichung durch Ärzte (§ 29 Abs. 1 Nr. 6) und illegaler Handel mit bzw. Herstellung, Abgabe, Besitz von BtM in nicht geringer Menge (§ 29 a bs. 1 Nr. 2).

Die konsumnahen Delikte werden auch allgemeine Delikte genannt.

Im Jahr 1993 zählte das BKA 122.240 von Rauschgiftkriminalität, davon 79.631 konsumnahe Delikte. Dies entspricht einem Anteil von 65,1%.

2002 waren es 170.629 von 250.969 Delikten und damit 68,0% und im Jahr 2011 170.297 von 236.478 Delikten und damit 72,0%.

Somit ist der Anteil der konsumnahen Delikte von 65,1% im Jahr 1993 auf 72,0% im Jahr 2011 gestiegen. Von einer Fokusierung der Arbeit der Polizei von Konsumenten auf Drogenhändler ist nicht erkennbar, das Gegenteil ist der Fall.

Quelle: Bundeslagebild Rauschgift 2002 und 2011

Entwicklung der Rauschgiftdelikte im Verhältnis zur Gesamtkriminalität

Der Anteil der sog. „Rauschgiftdelikte“ an der Gesamtkriminalität hat sich in den Jahren 1993 bis 2002 nahezu verdoppelt und ist seitdem auf diesem hohen Niveau geblieben.

Laut BKA gab im Jahr 1993 insgesamt 6.750.613 Delikte, 122.240 davon waren Rauschgiftdelikte. Dies entspricht einem Anteil von 1,8%. Im Jahr 2002 waren es bereits 250.969 von 6.507.394 Delikten und dabei ein Anteil von 3,9%. Dieser Anteil ist bis heute nahezu unverändert, 2011 lag er bei 4,0%.

Quelle: Bundeslagebild Rauschgift 2002 und 2011

DHS-Kongress: Vier Säulen der Ratlosigkeit? Zur Drogenpolitik in der späten Moderne

Dr. Aldo Legnaro aus Köln, der schon Beiträge die Buchreihe „Rausch und Realität“ schrieb, beschrieb als Soziologe den Sinn und Unsinn der Drogenpolitik der letzten 100 Jahre.

Hier gibt es einen Text von ihm der dem was er vorgetragen hat ähnelt.

Für ihn beginnt die drogenpolitische Zeitrechnung mit der Opiumkonferenz in Den Haag im Januar 1912. Schon damals waren standen kolonialpolitische Interessen im Vordergrund wie die wirtschaftliche Schwächung Indiens als Kolonie von Großbritannien. Mit der Konferenz enden die Zeiten in denen Haschisch und Kokain besungen und selbstverständlich von Künstlern, Gelehrten und Medizinern eingenommen wurden. Weiterlesen

DHS-Kongress: Begrüßung und Eröffnung der Fachkonferenz & Grußworte

Der Vorsitzender der DHS, Heribert Fleischmann eröffnete den Kongreß – ich muss zugegeben noch nie bewusst von ihm gehört zu haben, in meinem EMail Archiv taucht er nur als Mitglied im Drogen- und Suchtrat der Bundesdrogenbeauftragten sowie in der Presse wegen deiner Kongreßeröffnungen auf.

Beim Kongreß ebenfalls anwesend war Dr. Schopper aus dem BMG.

Das Fazit der Eröffnungsrede war: Dies soll ein Kongress der Praxis werden, nicht der Theorie. Interessanterweise redete er von der Drogenhilfe und den Säulen der Drogenpolitik ohne die Repression zu erwähnen. Die Säulen sollen gecheckt werden und auf den Prüfstand. Derzeit würden die Säulen „beziehungsarm“  nebeneinander stehen und arbeiten, dies führte zu „Silo Effekten“, diese müssen durchprüfen werden und überhaupt muss alles geprüft werden….

Die Grußworte von Alf-Rüdiger König, sächsisches Staatministerium für Soziales und Verbraucherschutz und – der nicht anwesendenden – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger waren… weniger spannend. Immerhin sagte König zu den ganzen Tag zu bleiben, es wäre spannend zu wissen ob es wirklich bis zum Ende durchhielt.

Es folgten die Grundsatzreferate zu den einzelnen Säulen, dazu mehr im nächsten Posting.