Kiffen dürfen reicht nicht oder: Radikale Alternativen in der Drogenpolitik

Henning Schmidt-Semisch schreibt: „Denn mit der Kommerzialisierung des Hanfs und der zunehmenden Verlagerung dieser Substanz in den Bereich des Legitimen oder gar bald des Legalen ist drogenpolitisch auch ein Verlust verbunden, weil sich mit dem isolierten Imagewechsel des Cannabis die drogenpolitischen Polarisierungen und Grenzziehungen (wieder/weiter) zu verschärfen scheinen. Das heißt gerade aus Kifferkreisen werden die (alten) ideologischen Dichotomien erneut belebt: Man spricht von der weichen Droge Cannabis (und grenzt sich etwa gegen die harten Drogen Heroin oder Kokain ab), man betont ihre Ungefährlichkeit (und damit gleichzeitig freilich die Gefährlichkeit anderer Substanzen), man hält die Natürlichkeit des Hanfs hoch (und verdammt die vermeintliche Künstlichkeit von Ecstasy) und man preist – nicht zuletzt – die „Kulturplanze Hanf“, um anderen psychoaktiven Substanzen Unkultur zu unterstellen. Und diese Argumentationen führen wiederum zu anderen neuen alten Polaritäten, die etwa die Cannabis-Konsumenten gegen die Heroin-Süchtigen ausspielen und die Cannabisdealer (Es ist ja bloß Hasch!) gegen die Rauschgifthändler und die endlich in der Forderung mündet, die Polizei möge doch die Kiffer ihrem geselligen Treiben ungestört überlassen und sich auf „die wahren Probleme“ konzentrieren.

Das heißt auch die Cannabisraucher können sich möglicherweise bald legal rauchend in ihrem Sessel zurücklehnen und mit dem Finger auf die zeigen, die die anderen schrecklichen harten Drogen, die die Rauschgifte und Suchmittel konsumieren: Ich habe die Befürchtung, daß die Cannabispolitik zunehmend zu einer Lobbypolitik wird, wie wir sie von der Alkohol- und Zigarettenpolitik her kennen – und zwar mit den gleichen diskriminierenden Argumenten.

Eine solche Politik ist meines Erachtens drogenpolitisch verheerend, weil sich letztlich nur die Auswahl der verbotenen und verteufelten Substanzen verändert, nicht aber das grundsätzliche Denken. Denn wenn Kiffer kiffen dürfen, dann ändert sich am (drogenpolitischen) Elend der Junkies, an ihrer Vertreibung aus den Innenstädten, an ihren Verurteilungen zu Gefängnisstrafen, an ihrer sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung, an der Unreinheit ihrer Drogen und an der Ungerechtigkeit der Aufteilung in gute und böse Drogen noch lange nichts.

Wer wirklich Drogenpolitik – liberale, von mir aus auch radikale, vor allem aber sinnvolle Drogenpolitik – betreiben will, dem darf es nicht darum gehen, daß Kiffer das Recht haben sollen zu kiffen. An dieser Forderung ist nichts, aber auch schlicht gar nichts radikal. Vielmehr muß es darum gehen, die zentralen drogenpolitischen Mythen auf- und anzugreifen. Und schließlich darum, daß Menschen das Recht haben, die Substanzen zu sich zu nehmen, die sie konsumieren wollen. Es geht um ein allgemein zu begreifendes Recht auf Genuß und auch um ein Recht auf Rausch.“

Freiheit statt Legalisierung & Recht auf Rausch!

Lars Quadfasel schreibt: „Wenn deutsche Kiffer für ihr Anliegen streiten, nicht bloß de facto, sondern auch de jure ihren Feierabendjoint ungestört genießen zu dürfen, dann tun sie es gleich im Namen der Zukunft des Planeten. Je profaner das Anliegen, desto größer das ideologische Brimborium. Es reicht ihnen nicht, von der Obrigkeit einfach in Ruhe gelassen zu werden; sie wollen von ihr als Vorzeigestaatsbürger anerkannt werden. Daher die beständigen Abgrenzungen, die dauernden Hinweise, wie gesund der Hanf doch im Vergleich zu Alkohol oder Heroin sei und wie überaus ökologisch nützlich dazu.

Nicht zufällig ist das Leitmotto der deutschen Kifferbewegung, wie sie heute ihr Unwesen treibt, eines, für das es im Englischen keine Übersetzung geben dürfte: das »Recht auf Rausch«. Es drückt das ganze Elend bedröhnten Untertanenbewusstseins aus. So unsinnig wie ein Recht auf Atmen oder das unselige Recht auf Existenz, das Israel so gerne großmütig zugestanden wird, setzt es das Selbstverständliche als herrschaftlichen Gnadenakt: Noch das, was, als Inbegriff regellosen Genusses, nicht zu verrechtlichen ist, soll unter staatliches Hoheitsrecht fallen. Das nähere regelt ein Gesetz – und der Rausch, der ­daraus entsteht, ist dann auch entsprechend.“

Keine Drogenpolitik bei CDU, SPD und FDP

Ich frage auf Abgeordnetenwatch: Sehr geehrter Herr Spahn,

ich hätte eine Frage an Sie in ihrer Funktion als Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ich habe im Regierungsprogramm 2013 – 2017 der CDU kein Wort zum Thema Drogen oder Sucht gefunden. Ich würde gerne wissen wie es dazu kommt dass die regierende Volkspartei CDU hierzu keine Position in ihrem Wahlprogramm hat und was sie davon halten. Vielen Dank!

Seine Kollegen bei FDP und SPD habe eine ähnliche Frage erhalten. Mehr zum Thema gibts auf hanfverband.de

SAM – Smart Approaches to Marijuana

In den USA organisiert sich aktuell um den ehemaligen demokratischen Kongreßabgeordneten Patrick Joseph Kennedy eine drogenpolitische Gegenbewegung mit dem Namen SAM – Smart Approaches to Marijuana.

Nach einem ersten Blick auf deren Homepage komme ich zum Ergebnis: Endlich mal jemand auf der Gegenseite mit dem man sich vernünftig batteln kann! SAM geht auf die Argumentation unserer US Kollegen ein und weist auf Schwächen hin, das empfinde ich als willkommene Herausforderung!

Siehe auch: Advocatus Diaboli Steffen Geyer

Neutrale Fakten statt Pro oder Contra Meinung ist auch der Ansatz dieses sehr empfehlenswerten Buches.

Patrick Kennedy hatte es auch schonmal in die deutschen Medien geschafft, Wikipdia hierzu: Am 4. Mai 2006 um 2:45 Uhr nachts fuhr Patrick Kennedy mit seinem Auto in eine der Barrikaden am Kongressgebäude. Da die Polizei ihn abführte, ohne dass er einem Alkoholtest unterzogen wurde, obwohl er zuvor Schlangenlinien gefahren war, entstand der Vorwurf einer „Sonderbehandlung“. Auf einer Pressekonferenz einen Tag später erklärte er seine Medikamentenabhängigkeit und dass er plane, einen erneuten Entzug in der Mayo-Klinik zu unternehmen.

Rede von Maximilian Plenert (Akzept e.V. & Deutscher Hanf Verband) auf der Demonstration „Die Menschenrechte von Cannabispatienten achten!“, 20. Juni 2013, Bundesopiumstelle, Bonn

Weitere Informationen zur Kundgebung, die Pressemitteilung und Bilder findet man auf der Seite der AG Cannabis als Medizin. Weitere Videos von der Demonstration und den Reden dort finden sich in dieser Youtube Playlist.

Hier ein kleiner Auszug aus meiner Rede: „Es ist ein Skandal dass die Politik nicht unterscheidet zwischen Genusskonsum und dem Einsatz zu medizinischen Zwecken. Die Prohibition ist Unsinn, das mutwillige Vorenthalten von Medizin ist eine Menschenrechtsverletzung. Patienten haben Therapiefreiheit verdient, so wie es sonst auch selbstverständlich ist. […] Der CDU, der SPD und der FDP ist das Schicksal der Kranken völlig egal, ebenso wie alle anderen Bereiche der Drogenpolitik.“

Lotto spielen für die gute Sache

Baden-Württembergs Lotto-Chefin Marion Caspers-Merk verteilt fleißig Lotto-Gelder für die Sanierung der Villinger Stadtmauer. Faszierend mit welcher Selbstverständlichkeit hier Gelder aus einer legalen und staatlichen Drogenwirtschaft (Lotto) für die „Gute Sache“ verteilt und angenommen wird. Warum nicht einfach Hasch legalisieren und damit Gutes tun? Siehe auch: „Was könnte man durch eine Legalisierung von Cannabis alles finanzieren?“. PS: So gut ist die Sache auch nicht, den Lotto ist Opium fürs Volks und Umverteilung von oben nach unten

Mein drogenpolitisches Wunschkonzert

Hier eine Liste an möglichen konkreten ersten Schritten hin zu einer anderen Drogenpolitik. Habe ich was vergessen?

  • Beseitigung aller Hürden bei Nutzhanf, Cannabis als Medizin und anderen psychoaktiven Heilmitteln
  • Sonderforschungsprogramm zum Thema psychoaktive Medizin
    Entkriminalisierung aller Konsumenten
  • Modellversuche zur legalen Versorgung mit Cannabis z.B. durch Fachgeschäfte oder Cannabis Social Clubs
  • Verständigung mit den Ländern damit die freiwerdenden Geld in akzeptanzorientierte Prävention investiert wird
  • Drugchecking und eine Reform des Konsumraumeparagraphen
  • Enquete-Kommission zur Weiterentwicklung der Drogenpolitik
  • Reform der BtMVV nach den Vorschlägen von DGS, akzept, DAH etc.
  • Internationale Debatte für eine neue Drogenpolitik anstoßen
  • Schaffung eines Zulassungsverfahrens für Legal Highs und die E-Zigarette
  • Schaffung eines wissenschaftlichen Drogenrat der Bundesregierung
  • Ende der Diskriminierung von Konsumenten im Straßenverkehr etc.
  • Weg mit dem Abstinenzdogma

CDU: Strafverfolgung von Konsumenten ist unverhältnismäßig – aber nur bei Dopingmitteln

Damit es nicht in den Untiefen von Facebook verloren geht, hier ein interessantes Posting von Frank Tempel:

Im Bundestag geht es gerade um den Antrag der SPD Besitz und Erwerb von Dopingmitteln auch bei geringer Menge unter Strafe zu stellen. Nun hört mal, was die CDU dazu sagt.
Eine Strafverfolgung wäre – den Konsumenten betreffend doch völlig unverhältnismäßig. Es kann doch nicht sein, dass ein junger Mann der ansonsten völlig unbescholten ist und voll im Leben steht gleich, bei geringer Menge Dopingmittel eine Strafanzeige bekommt. Doping muss man anders bekämpfen. Das muss mit Aufklärung und Überzeugung geschehen.
Ich möchte jetzt, dass die Sportpolitiker der Union in die Drogenpolitik einsteigen!

Was sollte ich meinen Kindern über Drogen erzählen?

Was sollte ich meinen Kindern über Drogen erzählen?
Aus dem Buch Drugs – Without the Hot Air: Minimising the Harms of Legal and Illegal Drugs von David Nutt

1. Alkohol und Tabak sind auch Drogen
2. Alle Drogen können schädlich sein
3. Beginn schon in jungen Jahren mit Gesprächen über Drogen mit deinen Kindern und mach dich bereit über deinen eigenen Konsum zu sprechen
Weiterlesen

Entwurf einer Satzung für den „Cannabis Social Club – Hanffreunde Berlin“ e.V.

Ich war so frei und habe mich für den Entwurf beim VfD und IACM bedient. Mal sehen was der Abschnitt Steuerbegünstigte Zwecke der Abgabeordnung  noch so hergibt. Dieser CSC ist explizit ein legaler Verein, der keinen illegalen Anbau betreibt sondern die Idee fördert. Er ist quasi der legale Flügel der CSC Idee.

Die folgende Satzung wurde auf der Gründungsversammlung des Vereins am x beschlossen.

§ 1 Name und Sitz

Der Verein trägt den Namen Cannabis Social Club – Hanffreunde Berlin e.V. (CSC Berlin). Er soll in das Vereinsregister eingetragen werden. Sitz des Vereins ist Berlin.

§ 2 Zweck

Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Kenntnisse über Cannabis Social Clubs nach dem in Anhang I beschriebenen Prinzipien. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch folgende Maßnahmen:

− Unterstützung bei der Konzeptionierung, Gründung und Betrieb von Cannabis Social Clubs

− Förderung des Informationsaustausches zwischen Konsumenten, der Politik und der Öffentlichkeit,

− Erarbeitung und Verbreitung zuverlässiger Informationen zu Cannabis, Regulierungsmodelle, konsumentennahe Informations-, Schadensminderungs- und Präventionsangbeoten

− Beobachtung und Dokumentation nationaler und internationaler Entwicklungen hinsichtlich Cannabis Social Clubs und ähnlicher Modelle,

− Kooperation mit anderen Organisationen und Gesellschaften, die die Zwecke und Ziele der CSC Berlin teilen.

− Konzeptionierung, Gründung und Betrieb von eines vereinseigenen Cannabis Social Clubs soweit und sobald es die Rechtslage zulässt

Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts Steuerbegünstigte Zwecke der Abgabeordnung. Der Verein ist selbstlos tätig, er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Sie erhalten bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins keine Abfindungen, keine Kapitalanteile und auch keine Sacheinlagen zurück. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden.
Weiterlesen