Hier einige Kommentare und Auszüge aus den Stellungnahmen für die öffentlichen Anhörung zum Thema Drugchecking. Die Beiträge der der Sachverständigen decken sich mit ihren Stellungnahmen, bis auf die der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin und von Prof. Dr. Rainer Schmid und Roland Reithofer, Check It (vermutlich die Wichtigste) sind alle Stellungnahmen online verfügbar.
Eines vorneweg: Von 17 Stellungnahmen waren alle bis auf drei – die der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, der Bundesärztekammer und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – durchweg pro Drugchecking.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main kommt zu dem Fazit: Drugchecking ist keine geeignete Maßnahme der Schadensminderung für den Konsumenten illegaler Drogen.
Handlungen im Zusammenhang mit der Analyse illegaler Betäubungsmittel (Drugchecking) sind für den Anbieter auf der Grundlage des geltenden Betäubungsmittelgesetzes und gegebenenfalls auch nach allgemeinem Strafrecht mit Strafe bedroht.
Die Substanzanalyse ist zusätzlich mit einem zivilrechtlichen Haftungsrisiko verknüpft, da der Informationsgewinn aus einer Substanzanalyse, die sich zwangsläufig auf bekannte Wirkstoffe beschränkt, unvollständig und daher mangelhaft ist.
Das Fazit der Bundesärztekammer lautet: Die für eine Bewertung des Antrags erforderliche Datenlage über das Ausmaß des angenommenen Problems, potenzielle Zielgruppen sowie deren Erreichbarkeit ist unzureichend. Mit der Drogenanalyse wird ausgeblendet, dass der Konsum illegaler Drogen an sich zu massiven akuten wie auch chronischen gesundheitlichen Schädigungen führt. Sie suggeriert eine Unbedenklichkeit der reinen psychotropen Substanz.
Durch die Information über Inhaltsstoffe kann weder ein Mischkonsum noch ein Konsum lebensgefährdender Dosen verhindert werden.
Mit dem Angebot eines Drogen-Checks werden für eine wirksame Drogenprävention kontraproduktive Botschaften transportiert und Nutzern trügerische Sicherheiten vermittelt. Der angestrebten Schadensreduktion (harm reduction) steht somit eine potenzielle Schadenssteigerung gegenüber.
Die Möglichkeiten einer Drogenanalyse für Aufklärung und Frühintervention müssen aufgrund der Vielfältigkeit der Substanzen und Usergruppen als äußerst begrenzt eingeschätzt werden, so dass Aufwand und Nutzen des im Antrag skizzierten Ansatzes nach Auffassung der Bundesärztekammer in keinem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen.
Die Ablehnung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ist weniger klar, die Wortbeiträge waren auch eher im vorsichtig und im Konjunktiv gehalten:
Valide Daten oder Untersuchungen, die das Ausmaß und die gesundheitlichen Gefahren durch verunreinigte, gestreckte oder unkalkulierbar dosierte Drogen in Deutschland beziffern, liegen uns nicht vor. Für die Bewertung der Relevanz und Implementierung eines flächendeckenden Drugchecking-Programms gemäß des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wären diese Angaben jedoch zwingend. […] Inwieweit eine Strategie der Schadensminderung mit dem Erreichen des Präventionshauptziels, der Verhinderung des Drogeneinstiegs, vereinbar ist, erscheint auf der Grundlage des bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse zweifelhaft. […] Insgesamt schätzen wir den Nutzen der vorgeschlagenen Drogenanalyse im
Verhältnis zum Aufwand daher als negativ ein. […] Für eine inhaltliche Diskussion, wie die limitierten personellen und materiellen Ressourcen ggf. effizienter in neuen Informations- und Aufklärungsmaßnahmen und Strukturen eingesetzt werden könnten, steht die ABDA und die AMK für die Apothekerschaft auch zukünftig selbstverständlich gern als Ansprechpartner zur Verfügung.
Der Deutscher Städtetag äußert sich liefert sich positiv zu dem Antrag. Seine Position ergibt sich auch aus konkreten Rückmeldungen aus den Städten, geht naturgemäss auch auf Drogenkonsumräume ein und diskutiert unterschiedliche Aspekt des Drugcheckings sachlich und differenziert. Sein wesentliche Statement lautet: Drogenkonsum ist ein für das Öffentliche Gesundheitswesen relevantes Problem. Jegliche Maßnahme zur Verringerung der unmittelbaren und mittelbaren Risiken wirkt sich nachhaltig auf die kommunale Gesundheitsversorgung, die öffentliche Sicherheit und den gesamten Sozialraum aus. Vor diesem Hintergrund sind Aktivitäten zur Schadensminimierung (harm reduction) grundsätzlich sinnvoll, notwendig und zu begrüßen. Grundsätzlich ist auch der Begründung des Antrages zuzustimmen, dass Drugchecking ein effektives und notwendiges Instrument der Gesundheitsförderung sein kann. Es stellt ein Frühwarnsystem dar und liefert Informationen zu Konsumtrends, die wiederum für die Suchtkrankenhilfe von nicht unerheblicher Bedeutung sind.
Der Verein Chill out stellt klar: Um eine rechtliche Klarstellung zu erreichen und den Weg zu staatlicher Förderung von Drugchecking zu bahnen, empfehlen wir, dem Antrag zuzustimmen.
Für die DrugChecking-Initiative Berlin-Brandenburg ist der Sinn von DrugChecking und damit die Bewertung des Antrage völlig selbstverständlich, sie liefert zudem gleich Vorschläge zur konkreten Umsetz, zum Beispiel benennt sie gleich Zielgruppen:
- Partyszene: Hier besteht ein vielfältiges Betätigungsfeld und generell ein hoher Bedarf für ein spezifisches Angebot der Gesundheitsförderung. Mobiles Druchecking kann hier entsprechende Praxiserprobung vorweisen. Die Vernetzung und Kooperation mit im Ausland bereits bestehenden Projekten ist durch ein bereits bestehendes, europaweit agierendes Netzwerk von Beginn an sicher gestellt.
- Cannabisgebraucher: Ein erheblicher Teil der so genannten Partydrogengebraucher konsumiert auch Cannabis. Das Projekt spricht daneben auch diejenigen gezielt an, die keine synthetischen Drogen, jedoch Cannabis konsumieren.
- Intravenös-Drogenkonsumierende: Zusätzlich zur Ausrichtung des Projekts auf die Gruppe der Partydrogen- und Cannabisgebraucher, eröffnet das Projekt auch i.v.-Konsumenten die Möglichkeit, Substanzproben analysieren zu lassen.
Die Deutsche AIDS-Hilfe äußert sich positiv zum Antrag, da die Stellungnahme nur eingescannt vorliegt habe ich kein Zitat daraus.
Der Deutscher Hanf Verband geht auf die massive Zunahme von Streckmitteln auf dem Cannabis-Markt ein, erwähnt die Bleivergiftungswelle in Leipzig und die bei ihm eingegangenen Meldungen über Gesundheitsschäden wegen Brix.
Das Fazit der Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. lautet: Da der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen darauf abzielt, diese in Deutschland offenen Fragen wissenschaftlich und praxisnah zu untersuchen, trägt er dazu bei, eine Grundlage für eine adäquate Beurteilung der Problematik des Drugchecking zu entwickeln. Aus diesem Grunde befürwortet die DHS den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Gesundheitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen“ (Bundesdrucksache 17/20150), wenn, wie im Antrag gefordert, Drugchecking eingebunden ist in ein umfassendes Konzept der Suchtprävention und Suchthilfe.
Das Institut INEIDFO gGmbH nutzt die Gelegenheit um sich und seine Arbeit in Form von Drogen-Schnelltests durch eigene Mitarbeiter von INEIDFO zu präsentieren. Es beschreibt den Umgang mit den Ergebnissen dieser Drogen-Schnelltests, was den potentiellen DrogenKonsumenten gesagt wird, wie es um die Vereinbarkeit dieser Test mit dem Betäubungsmittelgesetz steht und wie ein kostengünstiges und rationales Analytik-Prozedere im Falle der Einführung von Drugchecking auch in Deutschland aussehen könnte.
Der Fachverbandes Drogen- und Suchthilfe e.V. äußert sich ebenfalls positiv und macht Vorschläge zur Umsetzung.
akzept e.V. begrüßt die Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durch eine Änderung des BtmG und anderer Vorschriften die Zulassung von Maßnahmen zur chemischen Analyse von illegalen psychoaktiven Substanzen kurz „DRUGCHECKING“ zu ermöglichen bzw entsprechende Modellprojekte einzurichten.
Die caritas Suchthilfe e.V. schreibt: Wir unterstützen deshalb ausdrücklich die im Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formulierte Forderung, ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt aufzulegen, das Wirkungen, geeignete Akteure und strukturelle Voraussetzungen der stationären und mobilen Substanzanalyse untersucht.
Eve & Rave e.V. Berlin schreibt: Die gesundheitspolitische Zielsetzung des Antrags „Gesundheitliche Risiken des Drogengebrauchs verringern – Drugchecking ermöglichen“ wird von uns vollumfänglich geteilt. – bei der rechtlichen Bewertung gibt es wie allgemein bekannt Differenzen.
Der Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit e.V. schreibt: Das Überleben unserer Kinder in Menschenwürde zu sichern, ist oberster Grundsatz unserer Arbeit (ob mit oder ohne Drogen)!
Und somit ist die Schaffung der rechtlichen Möglichkeit des Drugchecking ein weiterer Baustein unser Ziel der Überlebenssicherung zu erreichen.
Die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) unterstützt den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN / Bündnis 90 BT 17/2050.
Der Einzelsachverständige Prof. Dr. Rainer Schmid und Roland Reihofer – ChEck iT! geht primär auf seine eigene Arbeit ein: „Als Ergebnis der fast 15-jährigen Erfahrung von ChEck iT! kann festgestellt werden, dass durch den spezifischen Präventionsansatz eine aktuelle Schadenminimierung (‚Harm-Reduction‘) ohne Stimulation des Drogenkonsums tatsächlich erreicht wurde, durch Unterstützung bei der Bildung des eigenen Risikobewusstseins der sonst schwer erreichbaren InteressentInnen und KonsumentInnen von synthetischen Drogen. Des Weiteren konnte der Zugang zum Behandlungs- und Beratungsangebot für die KonsumentInnen der schwer zu erreichenden Zielgruppe erfolgreich gewährleistet werden.“