Hier mein Vortrag „Entkriminalisierung & Regulierung – Evidenzbasierte Modelle für einen alternativen Umgang mit Drogen “ beim Bund Deutscher Kriminalbeamter in Vertretung von Prof. Dr. Heino Stöver (FH Frankfurt). Er basiert auf der Studie „Entkriminalisierung und Regulierung – Evidenzbasierte Modelle für einen alternativen Umgang mit Drogenhandel und -konsum“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Veranstaltungsbericht
Erfreulich: Der Bund Deutscher Kriminalbeamter diskutiert offen
Am 11. September 2014 fand in Leipzig die Fachtagung Kripo International statt. Unter dem Titel der Veranstaltung „Der aussichtslose Kampf gegen Drogen – Ist Legalisierung die Antwort?“ diskutierte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) das Thema Drogenpolitik. Entgegen ihrer Kollegen bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) oder der Deutschen Polizei Gewerkschaft (DPolG) ging die „Gewerkschaftsorganisation, Interessenvertretung und Fachverband für Angehörige der Kriminalpolizei“ das Thema explizit offen an. Dies empfand ich als sehr positiv, gerade weil die Teilnehmer eine Legalisierung mehrheitlich abgeneigt waren.
Gerade für eine politische Vertretung von Mitgliedern der Strafverfolgungsbehörden ist eine Kritik an den Strafgesetzen, die man tagtäglich anwendet, gleichermaßen besondere Herausforderung an sich selbst ebenso wie – zumindest in meinen Augen – eine explizite Pflicht für Diener der Verfassung und des Rechtsstaates. Polizei sind zu aller erst dem Grundgesetz, den Menschenrechten und dem materiellen Recht verpflichtet und nicht dem positiven Recht. Gerade auch die Träger des schärfsten Schwertes des Staates müssen das Strafrecht kritisch betrachten und dürfen nicht blind formelles, positiv gesetztes Recht umsetzen.
Die Referenten der Kriminalbeamten deckten alle politischen Positionen ab. Es waren sowohl Vertreter der Prohibition wie Prof. Dr. Thomasius und ein Kollege von Jörg Patzak anwesend, als auch Prof. Lorenz Böllinger, Sprecher des Schildower Kreis oder meinereiner in Vertretung von meinem Kollegen Heino Stöver. Georg Wurth vom Deutschen Hanf Verband, Frank Tempel von der LINKEN und Hubert Wimber, damals noch amtierender Polizeipräsident von Münster nahmen am – leider recht parteiisch moderierten – Podium teil.
Reaktionen zu meinem Vortrag
Auch wenn viele Zuhörer sich meinen Positionen nicht oder zumindest noch nicht anschließen konnten, waren sie offen für meinen Vortrag. Interessant waren die Reaktionen nach meinem Vortrag bei solch einem Publikum – ich komme mir noch immer etwas seltsam vor als Hanffreund in einer Höhle des Löwen wie dieser zu sprechen.
Ein Kriminalbeamter empfand – insbesondere trotz seiner eigentlich entgegengesetzten Haltung – meine Argumentation sehr schlüssig. Damit war der Vortrag ein spürbarer Denkanstoß für ihn. Solche Aha-Momente zu erzeugen sind für mich beim Referieren mit das Größte. Hier zeigte sich dass jedes Lob umso mehr wert ist, je kritischer das Publikum ist.
Ein leitender Beamter eines nördlichen Bundeslandes dankte mir explizit für meinen Vortrag. Er sprach es nicht explizit aus, aber in seinen Augen stand: „Schön dass es sie gibt und sie für mich aussprechen was ich nicht sagen kann.“ Auch eine junge Polizeiangestellte aus dem Technischen Dienst – sie kümmerte sich um Funkgeräte etc. – war ebenfalls Feuer und Flamme und empfand eine spürbare Befriedigung dass ich es denen, den konservativen Kollegen gezeigt habe.
Weitere Gespräche zu diesem oder jenen Aspekt meines Vortrages oder auch zu Alltagserfahrungen wie kiffende Kollegen oder über die gefühlte rechtliche Unsicherheit, wenn man als Polizist privat auf einer Party ist, waren eigentlich recht normal – angesichts von Publikum und Referenten aber auch irgendwie bemerkenswert.
Aus den zwei drei angekündigten Einladungen wurde bisher nur leider nichts.
Meine Hoffnung
Mit meinem Formulierungen wie „abgeneigt waren“, „nicht oder zumindest noch nicht anschließen konnten“ oder „eigentlich entgegengesetzten Haltung“ möchte ich meine Hoffnung ausdrücken dass der eine oder andere seine Ansichten in Sachen Drogenpolitik geändert oder zumindest seine bisher vielleicht nicht so fundierte oder durchdachte Haltung hinterfragt.
Die Unterstellung einer „nicht fundierten oder durchdachten Haltung“ soll auch explizit nicht abgewertet gemeint sein. Wir haben und vertreten viele (politische) Positionen, die wir bisher nur aus dem Bauch und dem Alltag heraus entwickelt haben. Gerade weil die Prohibition der Status Quo ist und wir darauf gepolt sind Nachrichten erst einmal unkritisch zur Unterstützung unserer bisherigen Meinung wahrzunehmen, ist es völlig natürlich dass die Mehrheit diese Position vertritt und erst einmal in Grübeln gebracht werden muss.