Die ewige Debatte „Ist Cannabis eine Einstiegsdroge?“ hängt mir persönlich zum Halse raus. Wir müssen uns leider noch immer mit diesem Mythos beschäftigten da er in der Bevölkerung noch immer weit verbreitet ist und der Top-Grund gegen eine Legalisierung ist – zumindest sagt dies eine Umfrage des Instituts Earsandeyes: „Sie haben angegeben, dass Sie die Legalisierung von Cannabis ablehnen. Was sind die Gründe für Ihre Ablehnung?“ – Antwort bei 73% „Cannabis ist eine Einstiegsdroge (d.h. nach dem Cannabiskonsum folgen oft auch härtere Drogen).“ Das ist nicht weiter verwunderlich, wird diese These von „Experten“ in Bundestagsanhörungen immer wieder aufgewärmt und dass obwohl selbst sehr vorsichtige und sicherlich nicht drogenverharmlosende drugcom, ein Portal der BZgA und damit der Bundesregierung klar schreibt:
„Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Weg in den Drogengebrauch und seine mögliche Verhaltensverfestigung ist durch komplexe Ursachen und Verläufe charakterisiert. Dabei sind Haschisch oder Gras nur ein Faktor von vielen und auch angesichts aktueller Studienergebnisse ganz sicher nicht die Einstiegsdroge.“
Hier ein Auszug aus meinem Artikel über die „Wie gefährlich ist Cannabis?“ Anhörung Anfang 2012:
„Thomasius schreibt in seiner Stellungnahme: „Im Antrag wird behauptet, dass sich die Hypothese, Cannabis sei eine Einstiegsdroge, als haltlos herausgestellt habe. Dies ist nicht der Fall.“ und führt in seiner Stellungnahme eine Vielzahl von Korrelationen auf. Aber eine Korrelation ist keine Kausalität! Staatsanwalt Patzak sagte in einem Satz „nicht jeder, der Cannabis konsumiert landet bei härteren Drogen“ aber in seinen 9000 Ermittlungsfällen als Staatsanwaltschaft habe sich gezeigt: Fast jeder mit einer Heroin-, Kokain- oder Amphetaminproblematik hat vorher Cannabis konsumiert. Die gleiche Volksverdummungstaktik…“
Was wir allerdings nicht müssen ist die Idee dass es so etwas wie Einstiegsdroge gibt zu reproduzieren. Dies geschieht in der Form von Substanzismus „Die wahre Einstiegsdroge ist Zucker, danach Alkohol und Nikotin.“ oder als Satire „100% aller Junkies haben mit Brötchen oder Muttermilch angefangen.“ Ich kann ja verstehen, warum man solche Aussagen trifft, aber für den drogenpolitischen Diskurs halte ich es für kontraproduktiv, die Idee oder Mem „Einstiegsdroge“ mitsamt seinem logischen Fehler am Leben zu halten.
Der Fehler hat sogar einen Namen, cum hoc ergo propter hoc (lat. „mit diesem, also deswegen“) und er bezeichnet die falsche Annahme dass hinter der Koinzidenz zweier Ereigbnisse ein kausaler Zusammenhang besteht. Ein Beispiel hierfür für diesen Denkfehler ist aus der Korrelation zwischen der sinkenden Storchpopulation in Europa und der ebenfalls sinkenden Geburtenzahlen zu schließen dass die Kinder vom Storch gebracht werden.
Natürlich gibt es bestimmte Korrelation zwischem dem Konsum einzelner Drogen, aber wie ich auch Prof. Thomasius vorwerfen musste: Eine Korrelation ist keine Kausalität, zumindest nicht automatisch. Sehr viel häufiger gibt es gemeinsame Ursachen für den wahrscheinlicheren Konsum von Droge A und Droge B. So erhöhen schwierige psychosoziale Bedingungen die Wahrscheinlichkeit für den Konsum von Drogen, sowohl von A als auch von B.
Diese gemeinsamen Ursachen liegen im persönliche, familiären, schulischen und sozialen Bereich und hier muss angesetzt werden, wenn man problematischen Drogenkonsum oder Abhängigkeit vermindern möchte. Nur wenn man in der drogenpolitische Debatte das Fass soweit aufmacht, kann man wegkommen von einer Verteuflung von Substanzen als vermeintliche Ursache allen Übels und hin zu einer rationalen Debatte, die versucht Ursachen anzugehen.