Um das Thema Cannabis als Medizin etwas besser zu verstehen muss man sich vergegenwärtigen wie „neu“ dieses Thema ist.
Nach Jahrtausenden medizinischer Nutzung und auch dem Einsatz als Genussmittel ging mit dem Verbot von Cannabis vor 100 Jahren viel Wissen verloren.
Deswegen war in den 2000er Jahren von einer „Wiederentdeckung von Hanf“ die Rede. Dies betrifft auch Cannabis als Rohstoff. Hier wurde ein Wirtschaftszweig komplett zerschlagen, der sich erst langsam wieder aufbaut.
Cannabis als Medizin wird zwar seit 5000 Jahren genutzt, aber warum Cannabis wirkt weiß man noch garnicht solange.
Der Wirkstoff THC wurde erst 1964 von Raphael Mechoulam und Yechiel Gaoni am Weizmann Institute of Science isoliert.
Vergleich: Isolierung anderer natürlicher Wirkstoffe
Morphin: 1803
Codein: 1832
Chinin: 1792
Salicylsäure: 1838
Colchicin: 1833
Exkurs: Ein völlig unbeachtetes aber folgenreiches Details hier ist Nichtlöslichkeit von Cannabinoiden in Wasser und die damit verbundenen Probleme bei der Ermittlung der genauen chemischen Struktur. Siehe auch: Zeit des Umbruchs: Die medizinische Verwendung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Dr. med. Franjo Grotenhermen
Die Grundlage warum Cannabinoide im Körper wirken, das Endocannabinoid-System fand man erst 1992. Als Vergleich, die Opioidrezeptoren fand man bereits 1973.
Damit konnten die meisten der heutigen Ärzte in ihrem Studium nichts über das Endocannabinoid-System erfahren. Nach einer Entdeckung erfolgt Grundlagenforschung, dann füllen gesicherte Erkenntnisse irgendwann ein Buch und dass muss dann noch an die Universitäten, den Lehrkörper und den Lehrplan – alles insgesamt ein sehr träges System.
Ein wichtiges Datum bei der Wiederentdeckung ist die Relegalisierung von Cannabis als Medizin in Kalifornien durch eine Volksabstimmung über Proposition 215 – Compassionate Use Act im Jahr 1996.
In Deutschland wurde THC („Dronabinol“) 1998 verschreibungsfähig. Quasi alle Fortschritte seitdem sind auf Urteile die Patienten erstritten haben zurückzuführen. Die Politik hat blockiert wo sie nur konnte.
Cannabis als Medizin wurde 2003 in den Niederlanden zugelassen, das ist insbesondere deswegen relevant weil Deutschland bis vor kurzem komplett von dort versorgt wurde.
Die erste Ausnahmegenehmigung zum Erwerb von Cannabisblüten in Deutschland wurde 2007 erteilt.
Als 2010 die Zeitungen titelten dass die Bundesregierung Cannabis als Medizin „legalisieren“ würde, war damit nicht mehr gemeint als dass die Rechtsgrundlage für die Zulassung von bis heute genau einem weiteren Medikament geschaffen wurde.
Dann kündigte 2015 die Drogenbeauftragte und „CSU-Haschrebellin Mortler“ eine gesetzliche Regelung für die Kostenerstattung für Cannabis als Medizin an.
Motivation hierfür war ein drohendes Urteil, welches in diesem Frühling gefällt wurde und den Weg freimachte für den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten. Noch hat aber auch der Kläger nicht die erste Anbaugenehmigung in seinen Händen. Man wird bei ihn und allen Nachahmungstätern versuchen Zeit zu schinden bis das neue Gesetz in Kraft tritt und sich damit die Rechtsgrundlage für das Urteil ändert.
Mit dem neuen Gesetz soll Cannabis verschreibungs- und erstattungsfähig werden, mit einem Inkraftreten ist 2017 zu rechnen. Noch ist das Gesetz aber nicht beschlossen und im parlamentarischen Verfahren.