Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung ist der dokumentierte Therapieversuch mit den üblichen Medikamenten. Wenn diese alleine keine ausreichende Wirksamkeit zeigen und/oder zuviele Nebenwirkungen verursachen und nur mit Cannabis – alleine oder zusätzlich zu anderen Medikamenten – eine Verbesserung erreicht werden kann, gilt man als „austherapiert“.
Bei ADHS kommen im wesentlichen drei Medikamente(gruppen) in Frage. In meinem Fall habe ich eine Therapie mit retardiertem Methylphenidat, Dexamphetamin und mit Atomoxetin probiert. Über das Ergebnis berichte ich in einem kommenden Posting.
Standard-Therapie mit Medikamenten bei ADHS
Das Mittel der ersten Wahl ist Methylphenidat (MPH, „Ritalin“). Bei Erwachsenen hat in Deutschland nur retardiertes (verzögerte, zweiphasige Wirkstofffreisetzung) Methylphenidat eine Zulassung bei ADHS (Handelsnamen Medikinet adult).
Danach kann eine Therapie mit einem Amphetaminpräparat versucht werden, in meinem Fall versuchte ich Dexamphetamin. Da es nicht für ADHS bei Erwachsenen zugelassen ist, musste ich es selbst bezahlen. Eine günstige Alternative – auch zu unretardiertem MPH, das Erwachsene auch nicht bezahlt bekommen – ist Amphetaminsulfat als Saft. Diesen habe ich noch nicht getestet.
Methamphetamin wird in den USA, Österreich und weiteren Ländern bei ADHS eingesetzt, in Deutschland ist es nicht mehr verschreibungsfähig. Das Fertigarzneimittel Pervitin wurde 1988 vom Markt genommen, über einen Import aus den Ausland sollte es jedoch problemlos über eine Apotheke erhältlich sein. Als Substanz der Anlage II BtMG sollte eine Ausnahmegenehmigung jedoch deutlich eher erteilt werden als für Cannabis (Anlage I). Die hohe Wirkungsdauer im Vergleich MPH und Amphetamin ist ein interessanter Vorteil.
Das dritte Mittel, das ich getestet habe war Atomoxetin (Handelsname Strattera). Die Wirksamkeit wird hier jedoch eher als schwach bewertet, dafür wirkt es anders als MPH und Amphetamine und kann daher bei einer Unverträglichkeit eine gute Alternative sein.
Wer über die Anforderungen für eine Ausnahmegenehmigung hinaus Medikamente testen möchte, der sollte seinen Arzt auf Guanfacin, Bupropion und Modafinil ansprechen.
Ausnahmegenehmigung trotz „Cannabis als Medizin“-Gesetz
Auch in Hinblick auf den aktuell diskutierten Gesetzentwurf zu Cannabis als Medizin macht es Sinn eine Ausnahmegenehmigung anzustreben. Die Hauptarbeit hierfür das Austherapieren sowie die Dokumentation der bisherigen Therapieversuche. Das wird in Zukunft die Voraussetzung für eine Kostenerstattung sein, darum macht es Sinn sich jetzt schon auf diesen Weg zu machen. Es ist zudem denkbar, dass die Krankenkassen bei Patienten mit Ausnahmegenehmigung keine eigene Prüfung für die Kostenerstattung mehr vornehmen, sondern sich auf die Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verlassen.
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