Als Rheinland-Pfälzerin bin ich natürlich sehr gut mit der Tradition der Weinkönigin vertraut, alljährlich werden sie in allen Weinanbaugebieten gekürt und seit 1949 wird in einer Galaveranstaltung die Deutsche Weinkönigin gewählt; natürlich wird diese Veranstaltung live im Fernsehen übertragen. Sie repräsentiert als sogenannte Produktkönigin ein Jahr lang den deutschen Wein in aller Welt. Trotz hohem Suchtpotenzial von Alkohol regt sich niemand darüber auf, im Gegenteil, das Amt der Deutschen Weinkönigin kann durchaus als Karrieresprungbrett gesehen werden. Julia Klöckner, Deutsche Weinkönigin 1995/96, ist heute Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz und stellv. Bundesvorsitzende. Der ehemalige rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister, Rainer Brüderle, rühmt sich sogar damit 1348 Weinköniginnen getroffen, aber nicht alle geküsst zu haben.
Es gibt bei uns unzählige Weinfeste und wer schon mal dort war, der weiß, dass das kein Spaß ist. Wir küren Hopfenkönginnen, Bierköniginnen und –könige, Milchköniginnen, Honigköniginnen und was weiß ich noch alles.
Ab November 2014 wird es auch eine Hanfkönigin in Deutschland geben, damit wird der Grundstein gelegt, Hanf wieder kulturell und sozial in der Gesellschaft zu integrieren. Drogen, ob legal oder illegal, sind so alt wie die Menschheit selbst, der Umgang allerdings ist immer von kulturellen und politischen Einflüssen geprägt. Die Cannabis-Prohibition geht auf den Den Haager Opium-Konvent 1912 zurück, hier spielten mannigfaltige wirtschafts- und gesellschaftspolitische Gründe eine tragende Rolle. Mit dem Genußhanf verschwand auch der Industriehanf, die produzierenden Länder wurden wirtschaftlich geschwächt und der Markt war frei für Baumwolle und Kunstfasern.
Aus ethischer und kultureller Sicht ist eine repressive Drogenpolitik zutiefst unmenschlich und hat versagt. Wir müssen einen humanen Umgang mit einem Phänomen finden, das so alt ist, wie die menschliche Kultur. Und, wir müssen aufhören, Drogen aller Art in die Kategorien „gut oder böse“ zu unterteilen.
Die Kür einer Hanfkönigin, die Hanf sowohl als Genußmittel wie auch als Produkt repräsentiert, bietet die große Möglichkeit eine Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung zu erreichen. Denn nur wenn wir eine aufgeklärte und drogenmündige Bevölkerung haben, sehe ich Chancen die bestehende Prohibition aufzuheben. Mit einer Hanfkönigin können wir die Geschichte des Hanfs in Deutschland wiederentdecken und so die Möglichkeit schaffen, den Hanf erneut kulturell und sozial in unserer Gesellschaft zu integrieren. Die Gründungen von Cannabis Social Clubs in anderen europäischen Ländern zeigen doch, daß illegale Drogen nicht automatisch zu verteufeln sind, sondern durchaus eine soziale Komponente haben, wenn man sie aus der kriminellen und manchmal sogar mafiösen Struktur herauslöst und dafür Sorge trägt, daß es Jugend-, Verbraucher*Innen- und Gesundheitsschutz gibt.
Viel Arbeit für eine Hanfkönigin, aber eine wichtige Aufgabe, die dazu beitragen kann, die öffentliche Wahrnehmung zu erhöhen und den Druck auf die Politik auszubauen, damit eine Legalisierung in greifbare Nähe rückt.
Nicole Müller-Orth, MdL, Verbraucherpolitische und Drogenpolitische Sprecherin