Das Hanfjournal titelte am Mittwoch „Die Grünen kommen nicht zum Pot“. Hier nun der zweite Teil meiner Kritik, nun zur Vollständigkeit der Betrachtung. Die Kritik an der Kritik habe eben schon verbloggt.
Ich halte den Artikel für nicht richtig, weil er einseitig nur die Grünen ins Visier nimmt. Zumindest eine Randbemerkung, dass die Bilanz der LINKEN auch nicht besser ist, wäre meiner Ansicht nach notwendig gewesen.
Über die Piraten braucht man im Kontext einer drogenpolitischen Bilanz noch nichts schreiben. Es bleibt abzuwarten ob ihre Fraktionen in Berlin, dem Saarland, Schleswig-Holstein und NRW ihre Rolle immerhin ihre Rolle als Oppositionspartei besser erfüllen als die LINKEN und damit sich der Vorschusslorbeeren würdig erweist. Die LINKE hat in den genannten Westlandtagen trotz mitunter vollmundiger Ankündigungen im Wahlprogramm keinerlei Aktivität gezeigt wie in den Wahlanalysen des DHV festgestellt wurde [1][2][3].
Betrachten wir nun die Regierungsbeteiligungen der LINKEN im Vergleich zur grünen Bilanz. Die Grünen haben in NRW und Rheinland-Pfalz für eine Erhöhung der „Geringen Menge“ auf 10 Gramm gesorgt, in NRW soll dieser Weg der Entkriminalisierung nun weiter beschritten werden. In Schleswig-Holstein soll nicht nur die „Geringe Menge“ erhöht werden, sondern zudem noch eine Bundesratsinitiative für eine echte Entkriminalisierung, also ein Ende der Strafbarkeit beim Besitz einer geringen Menge, initiiert werden. Mehr Entkriminalisierung kann ein Bundesland nicht fordern. In Baden-Württemberg wird das Thema „geringe Menge“ angegangen werden, wenn auch nicht so schnell wie es sich viele wünschen.
Nun zur Bilanz der LINKEN, sie war bisher an drei Regierungen beteiligt und konnte deswegen eigentlich noch nicht soviel falsch machen.
In Mecklemburg-Vorpommern war die LINKE in 2 von 5 Wahlperiode von 1998 bis 2006 an der Regierung beteiligt. Dort noch nicht einmal eine Verordnung zur „Geringen Menge“. Laut dem Justiz-Ministerium Mecklenburg-Vorpommern gilt folgende Verfahrensweise: Es wird nach Einzelfallprüfung entschieden, ob das Verfahren eingestellt werden kann. Einstellungen erfolgten bisher lediglich in “wenigen besonders gelagerten Einzelfällen, in denen die Beschuldigten nicht mehr als fünf Gramm Haschisch in Besitz hatten”. Eine festgeschriebene „Geringe Menge“ bei der bis zu 6 Gramm das Verfahren eingestellt werden soll, wäre hier ein deutlicher Fortschritt. Die LINKE hat nichts geändert.
In Brandenburg regiert die LINKE seit 2009 mit. Die aktuellen 6 Gramm wurde in einer großen Koalition zwischen SPD und CDU 2006 festgelegt und von Justizministerin Beate Blechinger (CDU) verkündet. Die 6 Gramm löste die umstrittene „drei Konsumeinheiten“ Regelung ab. Im aktuellen Koalitionsvertrag der SPD und LINKEN steht außer dem Thema Regulierung des Glücksspiels und „Veranstaltungen, die dem Alkoholmissbrauch von Jugendlichen Vorschub leisten, soll es künftig nicht mehr geben. […]“ nichts zum Thema Drogenpolitik, auch das Wahlprogramm der LINKEN zur Landtagswahl in Brandenburg spart sich dieses Thema aus. Die LINKE hat nichts geändert.
In Berlin regierte die LINKE zwei Legislaturperioden mit. Das Parlament hatte 2003 auf Initiative der Grünen 15 als SOLL und 30 Gramm als KANN Regelung bei der „Geringen Menge“ beschlossen und der rot-rote Senat verordnete 2005! dann nur 10 Gramm als SOLL bzw. 15 Gramm als KANN Regelung. Das Argument dass 30 Gramm zu nah an der nicht geringen Menge lägen, rechtfertigt nicht die 10/15 Regelung anstelle einer 15 Gramm SOLL Regelung.
Der FDP bzw. Grüne Antrag auf einen Modellversuch zur legalen Cannabisabgabe scheiterte an der rot-roten Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Im Koalitionsvertrag stand 2002 der Prüfantrag „inwieweit […] die Abgabe geringer Mengen weicher Drogen entkriminalisiert werden können.“ Die LINKE hat hier auch eher gebremst als die Sachen vorangebracht.
Das (Wieder-)Verbot der Zauberpilze nach der Quasi-Legalisierung durch das OLG Koblenz wurde vom Land Berlin im Bundesrat mitgetragen.
Fazit: Angesichts dieser – freundlich ausgedrückt – durchwachsenen Bilanz der LINKEN ist ein einseitiges Einprügeln auf die Grünen unangebracht und entbehrt einem objektiven Ansatz. Insbesondere der Hinweis auf die Unwählbarkeit der Grünen kann nicht ohne eine Berücksichtigung der restlichen Auswahl gegeben werden. Da es sich beim Artikel im Hanfjournal um ein Kommentar handelt, mögen diese Schwächen in diesem Fall verständlich sein. Allerdings sind die dort getroffenen Aussagen so sehr Allgemeingut in der Hanfszene, dass man sie nicht als wütenden Ausreißer des Hanfjournals abtun kann. Meine Kritik sollte deswegen von der Hanfszene insgesamt zur Kenntnis werden.
All dies ist eine nur auf Cannabis beschränkte Betrachtung der Drogenpolitik, die Vorkämpferrolle von Hessen und Frankfurt im Bereich Harm Reduction wie Drogenkonsumräume, der bundesweit mit Abstand beste Stand bei Konsumräumen und Spritzenautomaten im rot-grünen NRW sowie die erstmalige Ermöglichung einer Diamorphinabgabe in Haft in Baden-Württemberg wäre weitere Punkte für den Erfolg der grünen Drogenpolitik auf Landesebene.