Am Freitag wurden 25.000 Unterschriften für das Cannabis-Volksbegehren an das bayrische Innenministerium übergeben. Diese zu sammeln war eine gewaltige und respektable Leistung für das Team um Vaclav Wenzel Cerveny. Das erreichte Etappenziel und die Medienberichterstattung dazu und auch im Vorfeld sind ein starkes Zeichen dass das Thema auch in Bayern nicht verloren ist.
Leider ist die nächste Stufe im Verfahren kaum erreichbar. Für das Sammeln der 25.000 Unterschriften für den Antrag eines Volksbegehren gibt es keine zeitliche Einschränkung. Auch kann hier „frei“, das heißt mit Unterschrifteinlisten in der Öffentlichkeit gesammelt werden. Wenn das Volksbegehren nun zugelassen wird, braucht es die Unterschrift von 10% aller Wahlberechtigten und diese müssen auf dem Amt erfolgen. Kommen diese Unterschriften zusammen, muss sich der Landtag mit dem Thema beschäftigen. Lehnt dieser die Initiative ab, kommt es zu einer Abstimmung in einem Volksentscheid. Angesichts dieser hohen Hürde, wäre ein Scheitern keine Blamage.
Allerdings könnte das Volksbegehren auch schon davor aus formalen Gründen abgelehnt werden. Die Münchner Abendzeitung schreibt hierzu: „Rechtlich gibt es ein zentrales Problem: Volksbegehren sind im Freistaat nur zu bayerischen Landesgesetzen möglich. Das Betäubungsmittelgesetz ist aber ein Bundesgesetz, und Bundesrecht bricht Landesrecht. Insofern werden die Juristen des Innenministeriums prüfen müssen, ob ein bayerisches Hanfgesetz überhaupt möglich wäre.“
Falls dies zutrifft, wäre dies ein weniger ruhmreiches Ende für das Volksbegehren. Umso ärgerlicher ist hier dass ich – und nicht nur ich – Wenzel schon sehr frühzeitig auf dieses Problem hingewiesen habe. Leider hatte dieser kein Einsehen und reagierte mit (weiteren) haltlosen rechtlichen Ausführungen. Andere Unterstützer des Projekts sagten mir „Danke für die Diskreditierung, Max!“. Ich machte damals auch Vorschläge für alternative Forderungen, die rechtlich unproblematisch sein.
Auf meine simple Frage „Was würde dagegen sprechen lieber ein Volksbegehren zu formulieren auf das meine Kritik nicht zutrifft? Das würde mehr gute „Publicity“ bringen.“ wurde leider niemals eingegangen.
Inzwischen habe ich meine Meinung wie sie z.B. von Torsten geteilt und zusammengefasst wurde: Der Gesetzesvorschlag ist der Sache leider überhaupt nicht dienlich. Er ist eher ein Argument für die Gegenseite nach dem Motto „Sowas kommt dann eben dabei raus, wenn man den ganzen Tag bekifft ist.“. Unterschriften sammeln, für ein offensichtlich verfassungswidriges oder zumindest wirkungsloses Gesetz ist Unsinn. dahingehend geändert als dass ich das Signal dass von den 25.000 Unterschriften ausgeht als durchaus als positiv werte. Trotzdem hat man ohne Not meine Kritik ignoriert und es bleibt zu hoffen dass ich unrecht habe.
Meine Kritik damals zum Cannabis-Volksbegehen
Ich halte dieses Volksbegehren & Entwurf des Bayerischen Hanfgesetzes (BayHanfG) und das Sammeln von Unterschriften hierfür für eine Verschwendung von Ressourcen da der Vorschlag grundgesetzwidrig ist und damit direkt aus formaljuristischen Gründen abgelehnt werden wird.
Konkret ist widerspricht „§ 1 (1) Hanf (Cannabis) unterliegt in Bayern nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG)“ dem Grundgesezu §31 „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ + §72 GG + § 1 Abs. 2 BtMG, der die Zuständigkeit für die Anlagen zum BtMG abschließend (und in der Tat: bundesgesetzlich) geregelt hat dahingehend, dass ausschließlich die Bundesregierung dazu ermächtigt ist.
Wenn ihr also dafür Unterschriften sammelt sind diese direkt für die Tonne.
Über den Sinn und Unsinn von openpetition oder Bundestagspetition lässt sich ja streiten, aber Petitionen die aus formaljuristischen Gründen abgelehnt werden sind definitiv Müll bis peinlich für alle Unterstützer…
Auch der Landtag könnte ein solches Gesetz nicht verabschieden. Siehe auch „Ein Volksbegehren muss sich außerdem im Rahmen der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers halten; Gegenstände der Bundesgesetzgebung sind danach ausgeschlossen (vgl. Art. 70 bis 74 Grundgesetz).“
Auch indirekt kann diese Forderung z.B. als Bundesratsini nicht beschlossen werden weil die Landesregierung soweit ich weiß nicht vom Landtag gezwungen werden kann einen solchen einzubringen, da der Landtag nicht einmal ein Weisungsrecht gegenüber der Landesregierung bzgl. des Abstimmverhaltens im Bundesrat hat. Wenn es bisher solche Initiativen aus dem Landtag gab, waren es Entschließungsanträge ohne formal bindenden Charakter. Diese können so wie ich es verstanden haben kein Ziel eines Volksbegehren sein.
Andere drogenpolitische Handlungsmöglichkeiten auf der Landesebene wie eine Änderungen bei der „Geringen Menge“ sind ebenfalls ausgeschlossen, weil: „Dagegen kann das Volksbegehren nicht auf Erlass einer Rechtsverordnung gerichtet sein, denn dieser ist der Exekutive, also der Staatsregierung bzw. den Staatsministerien, vorbehalten (vgl. Art. 55 Nr. 2 Sätze 2 und 3 BV)“
Das Zulassen von Konsumräumen wäre ebenfalls eine Rechtsverordnung.
Ländersache sind z.B. Strafvollzug, Polizeiwesen z.B. Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Bildungspolitk – da kann man nur wenig im Bereich Drogen schrauben.
Nachtrag: Okay, das mit den Bundesratsinis scheint wohl doch zulässig zu sein zu können, außer in Hamburg.
Zu den rechtlichen Ausführungen über das Cannabis-Volksbegehren von Wenzel
Wer sich für einige Details interessiert warum die von Wenzel vorgetragenen rechtlichen Ausführungen und Erwiderungen leider völlig Banane meiner Einschätzung nach haltlos sind:
„Zumindest der Bayerische Landtag sieht die „Kompetenz“ in dieser Frage durchaus bei sich selber: Bisher wurden alle Petitionen zur Legalisierung (auch unsere eigene vom 03.02.2014, Az.: VF.0075.17) vom Landtag akzeptiert und ordungsgemäß bearbeitet, also nicht mit Verweis auf „Nichtzuständigkeit“ abgewiesen.“
Eine Petition ist kein konkreter Gesetzentwurf und für das politische Ziel einer Legalisierung von Cannabis kann sich ein Landtag z.B. einem Entschließungsantrag aussprechen, unabhängig von seinen Gesetzgebungskompetenzen.
So leitet er aus der Zugstimmungspflicht von BtM-Änderungsverordnungen des Bundesregierung durch den Bundesrat eine Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer ab. Mit dieser Kompetenz sei der Bundesrat stärker als der Bundestag. „Zu einer dauerhaften „Eingruppierung“ eines Stoffes in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes bedarf es aber der Zustimmung des Bundesrates und damit ist anscheinend die Gesetzgebungskompetenz der Bundeländer (Bundesrat) hier stärker zu bewerten, als die des Parlaments (Bundestag),“ und „(1) Der Bundestag hat sich als Gesetzgeber hier vollkommen selber herausgenommen („Ermächtigungsgesetz“), hat also nichts mehr „zu melden“.“
Er übersieht dabei dass die Gesetzgebungskompetenz für eben jenes Verfahren beim Bundestag liegt und damit keineswegs ausgehebelt werden kann. Mehr dazu kann man im Wikipedia Artikel „Verordnung“ nachlesen, Zitat: „Der Bundestag kann keine Verordnungen erlassen oder eine förmliche Initiative zum Erlass einer Verordnung ergreifen. Dies findet den Grund darin, dass er die Befugnis zum Erlass von Rechtsvorschriften durch die im Gesetz enthaltene Verordnungsermächtigung ja gerade auf andere Stellen weiterübertragen hat. Wegen seines umfassenden Gesetzgebungsrechts kann der Bundestag allerdings – gegebenenfalls mit Zustimmung des Bundesrates – Rechtsverordnungen ändern.“
Später wird die Geltung des Grundgesetzes für das „demokratische Völkerrechtssubjekt Freistaat Bayern“ in Frage gestellt. So ist in einem Kommentar auf der Website des Volksbegehren zu lesen: „Es gilt zu Fragen, ob ein Bundesland hier die Mehrheitsentscheidung des Bundesrates und mehr oder weniger willkürliche Einstufungen der Bundesregierung mittragen MUSS, oder ob ein demokratisches Völkerrechtssubjekt wie der Freistaat Bayern kraft seiner eigenen Gesetzgebungskompetenz hier bestimmte Substanzen aus den Anlagen des BtmG anders behandeln DARF.“ und „Wenn Bayern als demokratischer Volksstaat beschließt, dass Cannabis nicht mehr nach BtmG verboten ist, dann wird kein Bayerischer Polizist oder Staatsanwalt eine Rechtsgrundlage haben, jemanden in Bayern vor Gericht zu bringen, solange er nicht gegen das BayHanfG verstößt. Bei Verstößen gegen das BayHanfG tritt automatisch das BtmG für diesen Fall in Kraft…“ oder auf Facebook Vaclav Wenzel Cerveny: Bayern ist Freistaat und daher hat das Bayerische Volksbegehren andere Möglichkeiten.
Worüber man auch sprechen könnte…
Auf die hanebüchenen wenig soliden Grundlagen bei der Berechungen der Steuereinnahmen wie „Es darf mit Fug und Recht angenommen werden, dass etwa 10% davon mit Hanf mehr oder weniger regelmäßig “Erfahrung machen”“ und die „fundierten“ Reaktionen im DHV Forum auf meinen Einwand dass dies weit von den offiziellen Zahlen entfernt sei, wie z.B. „Die „10%“ sind näher an der Realität als die geschönten Zahlen der Regierung. Frankreich gibt offiziell etwa 10% der Bevölkerung als Cannabis-Affin zu, warum sollten die Zahlen bei uns niedriger sein?“ gehe ich hier nicht weiter ein.
Auch das „Recycling“ des „Volksbegehren 2013 – Wahlfreiheit für Gäste und Wirte“ […] „für ein liberales Rauchergesetz in Bayern“ mit welchem Wenzel 2013 gescheitert war, in § 13 (3) Bayerisches Hanfgesetz (BayHanfG): „Der Konsum in speziell gekennzeichneten, gemeldeten Raucherclubs ist erlaubt, dort darf auch Tabak konsumiert bzw. geraucht werden wenn sichergestellt ist, dass keine Minderjährigen anwesend sind.(Einlass ab 18 Jahren)“ wäre eine Diskussion wert. Unabhängig von davon wie man zu dieser Forderung stehen mag, diese Vermischung zwei jeweils polarisierenden Themen halte ich politisch für ungeschickt.