Eigentlich wollte ich nur eine einfache Übersicht zum Thema „Welcher Cannabis-Wirkstoff wirkt bei welchen Diagnosen?“ für meine provisorische Leitlinie zum Einsatz von Cannabis als Medizin erstellen, aber ich habe mich wieder ein den Details verloren und endete ratlos bei den mir bisher völlig unbekannten „Cannabinoid Rezeptor Antikörpern“. Nun habe ich wieder viel gelesen und gelernt, aber anstelle von Antworten fand ich nur viele Fragen, die ich hier dokumentieren möchte.
Das Wissen bei dieser Fragestellung ist dünn, aber einige allgemeine, hilfreiche Aussagen kann man treffen. Beispielsweise ist bei Cannabidiol die entkrampfende und entzündungshemmende Wirkung gut bekannt und man kann ihm das Einsatzgebiet Epilepsie klar zuordnen. Die Tücken beim Beantworten einer solchen Frage liegt aber im Konkretisieren.
Diagnosen, Krankheitsgruppen oder Symptome?
Macht es Sinn von (einzelnen) Diagnosen zu sprechen oder macht es gerade bei einer solchen generalisierten Übersicht nicht eher Sinn in Krankheitsgruppen zu denken? Am Beispiel der chronisch-entzündliche Erkrankungen sehe ich wie gerade wieder versucht wird aufgrund der Gemeinsamkeiten der Erkrankungen wie Arthritis, Lupus Erythematosus, Multiple Sklerose, Colitis und Typ2 Diabetes die Gastroenterologie, Neurologie, Orthopädie, Diabetologie, Rheumatologie wieder zusammenzubringen. vgl. Leibniz WissenschaftsCampus „Zentrum für chronisch-entzündliche Erkrankungen“ an der Charité etabliert
Gerade bei der Betrachtung ausgehend von Wirkstoffen wie CBD wäre eine Kategorisierung von Krankheiten nach gemeinsamen Ursachen und Eigenschaften sinnvoll.
Sinnvoll wäre auch eine Übersicht die Anstelle von Diagnosen oder Krankheitsgruppen den Fokus auf einzelne Symptome oder Komorbidität legt. Damit würde man wichtige Einsatzgebiete für Cannabis wie Schmerzen, Schlafstörungen, Depressionen erfassen.
Noch schwieriger ist die Frage nach den Wirkstoff. Forschung gibt es primär für einzelne Cannabioide. Einsetzbar sind die einzelnen Cannabisarzneimittel. Empirisches Wissen von Patienten gibt es für die Bedrocan Cannabisblüten Sorten. Im Internet findet man viele Aussagen zu einzelnen Cananabissorten und ihre Wirksamkeit bei bestimmten Diagnosen, aber da habe ich große Zweifel vgl. Mehr Schall als Rauch – Ist die Einteilung von Gras in Sorten Unsinn?
Cannabioide der Cannabispflanze
Beginnen könnte man bei THC und CBD – wobei THC nicht nur für Tetrahydrocannabinol steht, sondern meist das Isomer (–)-Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol meint. In der Medizin spricht man von Dronabinol anstelle von THC, was mitnichten nur die gleichnamige Rezepturarznei meint.
Welche mindestens 113 Cannabinoide unterschiedlicher Cannabinoid-Typen sollte man noch betrachten? Neben Cannabidiol CBD ist am ehesten noch Cannabinol CBN bekannt. In der Cannabispflanzen sind eigentlich ja auch primär die Säureformen wie THCA vorhanden, das Thema Decarboxylierung kann beim Einsatz in der Medizin durchaus wichtig sein. Sollte man Ärzte nicht zumindest ein groben Überblick darüber geben woher THC, CBD, CBN, THCA etc. stammen und wie sie zusammenhängen?
Dies führte mich zum Thema Biosynthese der Cannabinoide in der Cannabispflanze. Dort ist Cannabigerolsäure (CBGA) der Ausgangsstoff für die Synthese von jeweils CBG, THCA, CBDA oder CBCA. Aus THCA wird dann durch den Einfluss von Hitze und Zeit THC. Eine enzymatische Umwandlung von CBD zu THC oder THC zu CBD ist nicht bekannt. Parallel gibt es noch CBGVA aus dem CBGV, THCVA, CBDVA, CBCVA wird. Welche Stoffe in welchem Umfang aus CBGA und CBGVA die Pflanze herstellt, hängt von der Sorte ab. THCV oder CBDV kommt nur in bestimmten Pflanzen vor.
THC wird zu THC-OH und dann weiter zu THC-COOH metabolisiert. Auch CBN ist eines der vielen Metaboliten.
Was ist mit den Substanzen, der Cannabispflanze, die ebenfalls eine Wirkung zeigen? Die Liste der Rezeptoren bei denen Cannabioide wie THC wirken beinhaltet den κ-Opioid Rezeptor sowie noch unbekannte Rezeptoren.
Cannabinoide im Allgemeinen
Und warum aber nur die Cannabinoide der Cannabispflanze betrachten?
Ganz allgemein sind Cannabinoide Stoffe, die an den Cannabinoid Rezeptoren wirken. In erster Linie sind damit Agonisten am Cannabinoid Rezeptor gemeint, aber auch Agonisten, Antagonisten, Aufnahmehemmer etc.
Daneben gibt es noch Substanzen, die mit Cannabinoiden wechselwirken – so wie auch viele Cannabinoide miteinander wechselwirken und es gibt Pro Drugs wie die sehr bekannte Substanz Paracetamol. Dieses wird zu dem AM404 metabolisiert, das im Endocannabinoid-System wirkt. Damit wäre eine Übersicht über alle Substanzen, die irgendwie im Endocannabinoid-System wirken angebracht.
Die Cannabinoide lassen sich unterteilen in Phytocannabinoide, körpereigene Endocannabinoide und synthetische Cannabinoide. Bei den Phytocannabinoide gibt es die klassischen Cannabinoide. Diese kommen nur in Pflanzen der Gattung Cannabis vor, zumindest quasi nur dort – inzwischen kennt man bei einigen Cannabinoide der Cannabispflanzen auch weitere Pflanzen, die diese herstellen. Längst bekannt sind Pflanzen, die zusätzliche Cannabinoide herstellen. Darunter sind Substanzen die klassischen Cannabinoiden oder Endocannabinoiden ähneln ebenso wie Cannabimimetika, die chemisch nicht mit klassischen Cannabinoide verwandt sind.
Bei den synthetischen Cannabinoide gibt es solche der erste Generation, die meist ähnlich wie klassische Cannabinoide wirken. Viele Substanzen ähneln THC und sind chemische Abwandlungen von THC. Die zweite Generation umfasst Cannabinoide mit Ähnlichkeit zu den Endocannabinoiden. Daneben gibt es hier noch zahlreiche Cannabimimetika, die nur bei ihrer Wirkung und nicht chemisch ähneln klassischen Cannabinoide.
Bei der Übersicht über alle Substanzen, die irgendwie im Endocannabinoid-System wirken stieß ich dann über Cannabinoid Rezeptor Antikörper wie „Dietressa“. Diese stellen neben Agonisten, Inverse Agonisten, Antagonisten, Wiederaufnahmehmmer etc. einen weiteren Player des Endocannabinoidsystem dar von denen ich noch nie gehört habe. Antikörper kannte ich bisher nur als Teil des Immunsystem und als Instrument zum spezifischen Nachweis bestimmter Stoffe.
Inzwischen habe ich erklärt bekommen: Antikörper hat jeder Mensch in sich und die werden dazu verwendet die Stoffe wieder aus den Proteinen abzulösen. Ein Cannabinoid dockt an das Rezeptorprotein und wirkt. Dann kommt der Antikörper und löst es ab. Man kann wohl die Antikörperkonzentration künstlich erhöhen. Sie sind sozusagen das Gegenteil von Wiederaufnahmehemmern, die wir als Antidepressiva oder in Ritalin verwenden (Methylphenidate ist ein Wiederaufnahmehemmer).