Alternative Drogenpolitik

Leben retten!

Pressemitteilung zum nationalen Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige am 21. Juli 2014.10513445_691030117600964_3444817512934645611_n (1)

In Deutschland war 2013 mit 1002 Verstorbenen erstmals seit einigen Jahren wieder ein Anstieg der Zahl von Drogentoten zu beklagen. Dies nehmen wir zum Anlass, drei wichtige Instrumente im Kampf gegen den Drogentod und für ein menschenwürdiges Überleben zu benennen:

Die Drogenkonsumräume

Noch immer sträubt sich etwa Bayern dagegen, Drogenabhängigen in Konsumräumen die Möglichkeit zum hygienischen Konsum in einem geschützten und medizinisch betreuten Umfeld zu ermöglichen. Ausgerechnet dieses Bundesland zeichnet sich allerdings durch die höchste Zahl an Drogentoten negativ aus. Wir fordern daher, entsprechende Angebote in Deutschland flächendeckend umzusetzen. Es geht dort nicht allein um den Konsumvorgang: Im Konsumraum können sterile Spritzen gegen gebrauchte eingetauscht werden, eine wichtige Maßnahme zum Schutz vor Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis. Des weiteren ergibt sich dort oftmals ein erster Kontakt zum Drogenhilfesystem. Wir fordern ausdrücklich eine Öffnung dieser Einrichtungen auch für Substituierte und Auswärtige! Angesichts der Tatsache, dass die im Konsumraum konsumierten Drogen heute vom Schwarzmarkt stammen, wäre zudem das Drugchecking, also das Testen der Drogen auf schädliche Verunreinigungen, sicher eine sinnvolle Möglichkeit und sollte daher gesetzlich ermöglicht werden.

Die Substitution

Derzeit sicher das wichtigste Instrument der Drogenhilfe. Aber auch hier gilt: Bestimmte Teile des Landes hinken hinterher. Zudem scheinen übermäßige Bürokratie und Rechtsunsicherheit substituierende Mediziner abzuschrecken: Die Substitutionspraxen werden bedenklich weniger, insbesondere auf dem Land. Es wäre außerdem Zeit für eine Normalisierung der Verschreibungsverordnung, nach der eine Mitnahme des Medikaments auf eine Höchstdauer von einer Woche begrenzt ist. Genauso lange, wie Substitutionsmittel derzeit beim Urlaub innerhalb Deutschlands vom Arzt maximal mitzugeben sind. Ein Maximum von vier Wochen wäre hier praxisgerechter. In den Kanon der üblichen Substitutionsmittel muss ausdrücklich noch das Diamorphin, also medizinisches Heroin, aufgenommen werden. Leider ist man hier kaum über das Ausmaß der H-Vergabestellen im Rahmen des Heroinprojekts hinaus gekommen. Dezentrale Lösungen in Arztpraxen wären für die Diamorphin-Medikation sicher der bessere Weg. Außerdem sollte die Möglichkeit eröffnet werden, Heroin auch in Tablettenform zur Substitutionsbehandlung zuzulassen sowie retardiertes Morphin.

Das Naloxon

Das Gegenmittel bei Opiatvergiftung. Naloxon rettet also Leben, ganz unmittelbar! Dennoch ist es nur wenigen Drogengebrauchern bekannt und kaum einem von ihnen – oder ihren Angehörigen – derzeit zugänglich. Dies gilt es zu ändern! Überall dort, wo eine Überdosis denkbar ist, sollte Naloxon im Notfall schnell verfügbar sein. Ganz leicht verabreicht werden kann es dann von Dritten etwa durch einen Zerstäuber, eine Art Nasenspray.Als Medikament findet Naloxon allein bei Optiat-Überdosierung Verwendung und ist, zumal keinerlei Missbrauchspotential besteht, aus medizinischer Sicht als unproblematisch einzustufen. Bei nicht-Opiatkonsumenten bleibt Naloxon also ohne jede Wirkung. Wir fordern daher, das Medikament Naloxon von der Rezeptpflicht zu befreien, um den Zugang zu diesem höchst effektiven Gegenmittel zu erleichtern.

Grundsätzliche Kritik am Betäubungsmittelgesetz (BtmG) meldeten erst kürzlich 120 Juraprofessoren an. Denn ohne die Drogen-Prohibition wären wohl nicht wenige der heutigen Notmaßnahmen gar nicht erst nötig. Wir schließen uns deshalb der Forderung an, eine Enquete-Kommission beim Bundestag zur Überprüfung des BtmG einzurichten.

Wo Leben ist, da ist Hoffnung – und unser allererstes Ziel in der Drogenpolitik sollte darin bestehen, diese Hoffnung am Leben zu erhalten, indem wir die Abhängigen am Leben halten!” – -Heath Brook, Australien

Verantwortlich: Jürgen Heimchen, Ravensberger Str. 44, 42117 Wuppertal , Tel. 0202-423519

Die mobile Version verlassen