Vor einiger Zeit sah ich in diesem Economist-Artikel eine Graphik, welche Religiosität in einzelnen Ländern Europas zeigt. Konkret wurde angegeben ein wie großer Teil der Bevölkerung niemals – außer zu besonderen Ereignissen – an einem Gottesdienst besucht. Die Anordnung der Länder, Tschechien und Frankreich ganz oben, Deutschland im Mittelfeld sowie Polen und Griechenland am Ende kam mir irgendwie bekannt vor. Es stellte sich heraus dass ich in einem Beitrag zum Cannabiskonsum von Jugendlichen in Europa im DHV-Kurznewsletter eine ähnlich sortierte Länderliste veröffentlicht hatte. Auch diese Übersicht über die 12-Monats-Prävalenz in unterschiedlichen Altersgruppen zeigt eine ähnliche Sortierung.
Zur Klärung der Frage ob hier wirklich eine Korrelation besteht, habe ich die 12-Monats-Prävalenz der 15-24-Jährigen gegen den Anteil derer die niemand einen Gottesdienst besuchen aufgetragen und siehe da:
Die Größe der Kreise gibt die Höhe des Cannabiskonsums an. Der rote Strich ist der einfache Durchschnittswert aus allen Daten. In erster Näherung passen die Werte gut zusammen. Dies ist in so fern bemerkenswert, ist doch laut Reuband kein „Zusammenhang zwischen Drogenpolitik, gemessen an den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der Praxis der Strafverfolgung und Verbreitung des Cannabisgebrauchs“ feststellbar und auch sonst ist mir keine gute Korrelation zwischen dem Cannabiskonsum und einem anderen Faktor bekannt. Natürlich ist der hier berücksichtige Indikator für die Religiosität nur einer von mehreren möglichen und allesamt korrelieren nur mit dem Cannabiskonsum, eine Kausalität ist nicht feststellbar. Ein kausaler Zusammenhang ist eher mit der Offenheit, Liberalität und Antiautorität der Gesellschaft in dem jeweiligen Land zu vermuten. Ich nehme an dass diese sozialen Faktoren mit dem Drogenkonsum als Normbruch sowie traditionelle, religiöse Praktiken wie dem Besuch eines Gottesdienstes zusammenhängen.
Meine These müsste nun noch mit den anderen Konsumprävalenzen und Altersgruppen und möglich allen EU Ländern getestet werden – allerdings sind die obersten und untersten Plätze hier jeweils recht ähnlich (Siehe z.B. Jahresbericht der EBDD 2011, Tabelle 4: Prävalenz des Cannabiskonsums in der Allgemeinbevölkerung – Zusammenfassung der Daten). Auch ein Vergleich mit dem Konsum anderer Drogen wäre spannend.
Es ist auffällig, dass in meiner Betrachtung katholisch geprägte Länder in einen eher unterdurchschnittlichen Konsum aufweisen und protestantisch geprägte Länder einen eher etwas zu hohen Konsum. Die Ausführungen von Holzer in Globalisierte Drogenpolitik – Die protestantische Ethik und die Geschichte des Drogenverbots legen nahe dass die Konfession beim Thema Drogen durchaus eine Rolle spielt. Um dies zu testen habe ich die Anteile der beiden Konfessionen am Gesamtanteil der Christen einmal schwach und einmal stark mit eingerechnet. Die neuen Werte sind in grün in den Diagrammen zu sehen. Diese erweiterte Betrachtung scheint auf den ersten Blick berechtigt, zumindest bei der schwachen Berücksichtigung.