Alternative Drogenpolitik

Gute und weniger gute Argument für eine Cannabislegalsierung

Guter Grund: Eine Legalisierung würde mehr Kontrolle bringen
Der Staat gibt mit dem Cannabisverbot jede Kontrollmöglichkeit auf. Er kann den Markt nicht kontrollieren was zu einem Schwarzmarkt mit all seinen negativen Begleiterscheinungen und ohne Jugendschutz führt. Er kann das Produkt nicht kontrollieren was zu einer schlechten Qualität, Verunreinigungen und Streckmitteln sowie einem nicht regulierten Wirkstoffgehalthalt und -zusammensetzung und damit zu einem zusätzlichen, vermeidbaren Gesundheitsrisiko führt.

Ein legaler Eigenanbau stellt ebenfalls eine gute Kontrolle für den Konsumenten dar, sowohl was Qualität und Verunreinigungen angeht, aber auch innerhalb eines gewissen Rahmens hinsichtlich des THC/CBD Gehalts, da dieser stark von der gewählten Sorte und den bekannten Anbaubedingungen abhängt.

Guter Grund: Verbot und Abstinenzdogma behindern Prävention, Harm Reduction, Beratung sowie Therapie und Hilfe
Mit dem Verbot von Cannabis geht auch das Abstinenzdogma einher. Jede Prävention, die keine Konsumprävention ist, jede Beratung, die nicht auf ein Ende des Konsums abzielt, jede Harm Reduction Maßnahme und jede Therapie oder Hilfe, deren Ziel nicht Abstinenz ist, macht die Drogenpolitik inkohärent, ist selbst drogenpolitisch unglaubwürdig und arbeitet innerhalb des repressiven Rahmen.

In meinem Vortrag auf der Fachtagung „Wege in eine humane Drogenpolitik“ sagte ich hierzu: Die Drogenhilfe kann helfen, mehr Hilfe kann mehr helfen – wäre da nicht der repressive Rahmen der alles wieder kaputt macht. Wir wissen welche Maßnahmen helfen können, aber solange Drogenpolitik in erster Linie Repressionspolitik ist können sie nicht greifen oder werden aus purer Ideologie verhindert.

In der Dokumentation des Fachgesprächs „Repression ist der falsche Weg“ der Grünen Bundestagsfraktion ist zu lesen:
Prof. Dr. Heino Stöver, geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung Frankfurt am Main und Vorsitzender von „akzept e.V.“, verwies auf einen nicht auflösbaren Gegensatz zwischen gesundheitlich orientierten Strategien und der Repression. Mehr Hilfen insbesondere für Abhängige könnten nur dann wirksam sein, wenn es den repressiven Rahmen nicht mehr gäbe. Aus seiner Sicht sei die Repression gescheitert. Viele Gesundheitsprobleme  von Konsumentinnen und Konsumenten seien der herrschenden Drogenpolitik geschuldet und nicht Folge des Drogenkonsums. Stöver verlangte eine stärkere Evidenzbasierung der Drogenpolitik. Es gäbe eine geradezu „putineske Verdummungsstrategie“. Die weitgehende Wirkungslosigkeit und die negativen Folgen der Repression dürften nicht länger verdrängt werden.

Weniger gut: Cannabis saniert den Staatshaushalt
Ein Ende der Strafverfolgung und eine Besteuerung würden mehr Einnahmen für den Staat bedeuten. Saniert wäre der Haushalt damit nicht.

Deutschland hat derzeit mehr als 2 Billionen Euro Schulden. Die Nettokreditaufnahme nur des Bundes lag in den letzten Jahren im Durchschnitt bei über 30 Milliarden Euro. Im Jahr 2010 lag sie bei 44 Milliarden Euro.

Der DHV schreibt: Selbst bei sehr vorsichtigen Schätzungen und Annahmen kann man davon ausgehen, dass bei einer Cannabislegalisierung mindestens 1,4 Mrd. Euro pro Jahr direkt in die Staatskassen fließen. Ein Vielfaches davon scheint wahrscheinlich.

Selbst wenn Cannabis vor 23 Jahren legalisiert worden wäre, würden die Einnahmen inklusive Zinsen alleine dafür ausreichen die Neuverschuldung einmalig im Jahr 2010 auf 0 zu reduzieren.

Natürlich könnte man mit den 1,4 Milliarden etwas sinnvolleres wie z.B. mehr Suchtprävention und Förderung von Drogenmündigkeit finanzieren, aber dies ist ein anderes Argument.

Weniger gut: Cannabis ist weniger schädlich als die legalen Drogen Alkohol und Tabak
Tabak ist eine der am schnellsten abhängig machenden Drogen und Alkohol ein Ganzkörpertoxin. Es sterben jährlich mehr als 200.000 Menschen vorzeitig durch den Konsum von Alkohol und Tabak. Alkoholisierte Autofahrer und Gewalttäter gefährden die Allgemeinheit.

Die Gefährlichkeit dieser Drogen wäre ein Argument für eine restriktiveren Umgang, für ein Angleichen der Tabak- und Alkoholpolitik an die derzeitige Drogenpolitik. Viele Menschen und insbesondere die alten weißen Männer, die über das Cannabisverbot entscheiden, rauchen kein Cannabis und es deswegen auch nicht als harmlosere Alternative ansehen. Ihre Antwort auf die Gefährlichkeit von Alkohol und Tabak lautet weniger Konsum oder Abstinenz. Gesundheit vor Freiheit – dieser Grundsatz ist leider derzeit entscheidend in der Tabak und in der Cannabispolitik, das Argument Cannabis sei das kleinere Übel ist hier keines.

Henning Schmidt-Semisch schreibt in seinem Beitrag „Nachahmungseffekte oder: Wie es zum Verbot der Schokoladenzigarette kam„:
„[…] Ein zentraler Argumentationsstrang dieser kritischen Drogenpolitik(-forschung) war der Vergleich von legalen und illegalen Drogen. Im Vordergrund stand dabei die These, die legalen würden sich in ihrer Gefährlichkeit nicht sonderlich von den illegalen Drogen unterscheiden, wahrscheinlicher sei sogar, dass die Zahl der vermeintlichen Drogenopfer „gegenüber den Alkohol-, Nikotin- und Tabletten-Toten ja eigentlich vernachlässigenswert gering ausfallen dürfte“ (Quensel 1985: 17). Diese Parallelisierung von legalen und illegalen Drogen war zwar auch wissenschaftlich durchaus gut zu begründen, sie diente aber vor allem als Argument gegen die Prohibition und dafür, die unterschiedlichen Drogen unter einer einheitlichen politischen Perspektiven zu regulieren: Alkohol und Tabak wurden in die Nähe von Cannabis und Heroin gestellt, um auf diese Weise den Umgang mit den illegalen jenem mit legalen Drogen anzunähern.
Auch in dem Buch von Henner Hess ist diese Argumentationsfigur bereits in der Vorbemerkung unübersehbar: „Das Inhalieren beim Lungenzug ist als Methode der Drogenaufnahme, was Effizienz und Schnelligkeit der Wirkung betrifft, höchstens mit der Injektion von Opiaten vergleichbar, und Nikotin macht den Konsumenten zumindest in gleichem Maße, wahrscheinlich aber noch stärker abhängig als die sogenannten harten Drogen“ (Hess 1987: 7). Und diese Argumentationsfigur schließt sich im Abschlusskapitel, wenn Hess bemerkt, dass das Fehlen eines Tabak-Verbots „angesichts der Gefährlichkeit der Droge Tabak und angesichts der repressiven Politik, die gegenüber anderen Drogen geführt wird“ (ebd.: 170), zumindest bemerkenswert sei. Insgesamt sei zu konstatieren, dass „im Diskurs über Tabak und im Diskurs über Drogen (…) zwei verschiedene Sprachen gesprochen“ würden, „sozusagen eine Genussmittelsprache und eine Rauschgiftsprache“. Die beiden Diskurse würden „weitgehend auseinandergehalten, und in bezug auf die Gefahren der Substanzen gibt es eine Art ‚doppelte Buchführung‘. So bleiben auch Drogenpolitik und Tabakpolitik zwei verschiedene Bereiche“ (ebd.: 174). Und auch bei Hess ist die Konsequenz nun nicht, die Tabakpolitik der Drogenpolitik anzugleichen, sondern umgekehrt zu erkennen, dass der Konsum von Drogen verschiedenster Art ein allgemeines menschliches Bedürfnis zu sein scheine, dass Drogen Befriedigungen böten, auf die kaum ein Mensch grundsätzlich verzichten wolle, und dass wir folglich mit Drogen leben müssten. Deshalb sollten wir uns fragen, wie wir mit ihnen auf vernünftige Art leben könnten, und die Tabakpolitik könne hier zumindest in dreierlei Hinsicht als Vorbild
dienen […]“

Weitere gute Argumente…

und weniger gute Argumente für eine Cannabislegalsierung…

werde ich irgendwann weiter ausführen…

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