Frank Tempel, der drogenpolitischer Sprecher der LINKEN im Bundestag schreibt in einer Pressemitteilung zum Drogen- und Suchtbericht 2012: „Jeder zweite Euro, der in einen Automaten geworfen wird, stammt von einem Menschen mit problematischem Spielverhalten“. Dazu fiel mir eine Studie aus der Schweiz ein, in der grob gesagt das Gleiche für Alkohol festgestellt wurde. Leider wird dieser permanente Skandal inzwischen weitestgehend stillschweigend als Normalität hingenommen.
In „Alkoholkonsum in der Schweiz – Ein Synthesebericht zu Alkoholkonsum und dessen Entwicklung auf der Basis der Schweizerischen Gesundheitsbefragungen 1997 und 2002“ der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme kommen die Autoren zu dem Ergebnis: „11% der Schweizer und Schweizerinnen trinken etwa die Hälfte der insgesamt in der Schweiz konsumierten Alkoholmenge.“ 23% sind Abstinenzler, damit trinken die verbleibenden 66% die andere Hälfte aller konsumierten alkoholischen Getränke.
In diesen 11% sind 8,8% der Bevölkerung beinhaltet, die der Gruppe der chronisch-risikoreichen oder der Rauschtrinker angehören. 4,9% der Schweizer Bevölkerung konsumieren regelmässig-risikoreich, 2,9% episodisch-risikoreich – von diesen beiden Gruppen gehören 1.1% der Gruppe der Risikokumulierenden an.
Sicherlich sind die Zahlen der Eidgenossen nicht 1 zu 1 auf Deutschland übertragbar, ein Blick ins Jahrbuch Sucht verrät dass die Zahlen bzgl. der Risikogruppen zumindest ähnlich sind. Leider kenne ich die genauen Berechnungen der Schweizer nicht, es wäre interessant sie auf die deutschen Verhältnisse anzuwenden um das Problem verdeutlichen dass die Hauptprofitquelle der Alkoholindustrie menschen mit einem problematischen Konsummuster sind.
Auf Grundlage von Kraus, L., Pabst, A., Piontek, D. & Müller, S. (2010). Kurzbericht Epidemiologischer Suchtsurvey. Tabellenband: Trends der Prävalenz von Alkoholkonsum, episodischem Rauschtrinken und problematischem Alkoholkonsum nach Geschlecht und Alter 1995-2009. Online verfügbar unter: http://www.ift.de/index.php?id=410 habe ich einige einfache Berechnungen angestellt.
Dieser differenziert den Konsum nach Geschlecht und in folgende Kategorien durchschnittlichen Alkoholkonsums:
- Abstinent
- Risikoarmer Konsum: Männer >0-24g. Frauen: >0-12
- Riskanter Konsum: Männer: >24-60g. Frauen: >12-40g
- Gefährlicher Konsum: Männer: >60-120g. Frauen: >40-80g
- Hochkonsum: Männer: >120g. Frauen: >80g
Bei den befragten 18- bis 59-Jährigen Männern konsumierten 15% zusammen 50,4% des erfassten Gesamtalkoholkonsums. Bei den Frauen sind es 11,5% die einen Konsumanteil von 51,2% ausmachen.
Fazit: Schätzungsweise 13% der Bevölkerung zwischen 18 bis 59 Jahren etwa die Hälfte der insgesamt in Deutschland konsumierten Alkoholmenge. 15,5% dieser Gruppe legen einen gefährlichen oder Hochkonsum an den Tag.
Die Zahlen aus der Schweiz lassen sich nicht direkt reproduzieren, da sich die Alkoholmenscheneinteilung unterscheiden. Legt man die schweizer Definition eines chronisch-risikoreichen Konsums bei den deutschen Zahlen an, erhält man hier ein Anteil von 11-12%. In der Schweiz umfasste diese Gruppe nur 6% – hier aber auf die Gesamtbevölkerung bezogen. Die Definition des Rauschtrinkens unterscheidet sich zwischen den beiden Studie. Bei der Studie des IFT reicht 5 oder mehr Getränke bei einer Gelegenheit aus um in diese Gruppe zu fallen, bei den Schweizern sind es 8 bei Männer und 6 Getränke bei Frauen.
Es lässt sich jedoch mit hoher Sicherheit sagen dass auch in Deutschland – bezogen auf die Bevölkerungsgruppe der 18 bis 59-Jährigen – mindestens jeder zweite Euro, der für Alkohol ausgegeben wird von einem Menschen mit problematischem Konsumverhalten stammt.